Immo­bilien
Ar­ti­kel • 2020-08-26

Di­gi­ta­les As­set Ma­nage­ment

Das „Future Of­fice“ und der di­gi­ta­le As­set-Manager

Le­sen Sie im In­ter­view mit An­net­te Krö­ger und Mar­tin Ro­deck, wie die Di­gi­ta­li­sie­rung des As­set-Ma­nage­ments die Bü­ro­welt von ges­tern in das „Future Of­fice“ von mor­gen ver­wan­delt.

Le­se­zeit: 6 Mi­nu­ten
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Wie prägt der Me­ga­trend Di­gi­ta­li­sie­rung die zu­künf­ti­ge Bü­ro­ar­beits­welt? Die­se Fra­ge be­ant­wor­ten die Ex­per­ten An­net­te Krö­ger, Chief Exe­cu­ti­ve Of­fi­cer (CEO) der Al­li­anz Real Estate North & Cen­tral Eu­ro­pe, und Mar­tin Ro­deck, Vor­sit­zen­der der Ge­schäfts­füh­rung beim Pro­jekt­ent­wick­ler EDGE in Deutsch­land, im In­ter­view – be­glei­tend zum drit­ten Teil der Wealth­cap-The­men­pa­pier­rei­he „Future Of­fice“.

Frau Krö­ger, die Di­gi­ta­li­sie­rung ver­än­dert Ge­schäfts­mo­del­le und Pro­zes­se. In wel­chen Be­rei­chen des As­set-Ma­nage­ments von Immo­bilien sind di­gi­ta­le Pro­zes­se schon weit­ge­hend im­ple­men­tiert? Wo be­steht noch Nach­hol­po­ten­zi­al, wo gro­ße Hür­den?

An­net­te Krö­ger: Es müs­sen vie­le ein­zel­ne In­itia­ti­ven im As­set-Ma­nage­ment ver­folgt wer­den, um di­gi­ta­ler zu wer­den – ob das Pro­zes­se wie die Ver­ein­heit­li­chung von In­for­ma­ti­ons­stan­dards und Da­ten­ban­ken sind, IoT, bes­se­re Samm­lung und Ver­ar­bei­tung von Da­ten, die Nut­zung von Platt­for­men oder zu­sätz­li­che An­ge­bo­te für Nut­zer, um Ser­vices zu er­hö­hen, bei­spiels­wei­se au­to­ma­ti­sches Park­platz­ma­nage­ment oder Apps zur Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Mie­tern. In vie­len Be­rei­chen sind di­gi­ta­le In­fra­struk­tu­ren aber erst noch auf dem Weg, ge­sam­te Pro­zes­se ab­zu­bil­den. Dazu ein Bei­spiel: Es gibt der­zeit noch kei­nen kom­plet­ten di­gi­ta­len Ver­mie­tungs­pro­zess in­klu­si­ve ei­nes di­gi­ta­len Miet­ver­trags, was ge­ra­de jetzt in Zei­ten von Co­vid-19 hilf­reich wäre. Die Um­set­zung er­for­dert nicht nur Än­de­run­gen der Schrift­for­m­an­for­de­run­gen, son­dern auch eine viel stär­ke­re Stan­dar­di­sie­rung von Ver­trä­gen im Ge­gen­satz zur heu­ti­gen sehr in­di­vi­du­el­len Miet­ver­trags­aus­ge­stal­tung, ins­be­son­de­re im Hin­blick auf um­fang­rei­che Ver­trä­ge. Eine Au­to­ma­ti­sie­rung ist eher denk­bar in klein­tei­li­gen Ver­mie­tun­gen, wie wir sie im Shared-Of­fice-Be­reich se­hen. Be­sich­ti­gun­gen sind so schnell nicht zu er­set­zen, die di­gi­ta­len Ser­vices kön­nen je­doch in der frü­hen Pha­se durch vir­tu­el­le Lösungen kom­ple­men­tiert wer­den. Die wich­tigs­ten Hür­den im Di­gi­ta­li­sie­rungs­pro­zess des As­set-Ma­nage­ments sind die re­gu­la­to­ri­schen Re­strik­tio­nen, wie die ge­nann­te Schrift­for­m­an­for­de­run­gen, das Mind­set und die kla­re Aus­rich­tung auf die Nut­zer und Ent­wick­lung von ein­heit­li­chen An­sät­zen über die ge­sam­te Wert­schöp­fungs­ket­te, sowie die Ko­ope­ra­ti­on in­ner­halb der Bran­che und das Set­zen von Stan­dards.

Herr Ro­deck, wie stark wird die Di­gi­ta­li­sie­rung des As­set-Ma­nage­ments durch die Co­ro­na-Kri­se und ihre Fol­gen ge­bremst – oder im Ge­gen­teil so­gar be­schleu­nigt?

An­net­te Krö­ger: Kri­sen schaf­fen In­no­va­tio­nen, trei­ben sie wie die Di­gi­ta­li­sie­rung vor­an. His­to­risch ge­se­hen ha­ben meist Kri­sen zu tech­ni­schen Quan­ten­sprün­gen ge­führt. Ein klei­ner, aber doch be­deu­ten­der Schritt bei Büro­immobilien ist bei­spiels­wei­se, dass die Hür­den und Be­den­ken beim Ho­me­of­fice wäh­rend der Co­ro­na-Pan­de­mie fast kom­plett ge­fal­len sind. Die Kom­mu­ni­ka­ti­on im Team be­zie­hungs­wei­se im gan­zen Un­ter­neh­men funk­tio­niert.

Doch beim As­set-Ma­nage­ment kön­nen Work­flows und Pro­zes­se manch­mal hoch­kom­plex sein, zum Bei­spiel bei ei­nem Trans­ak­ti­ons­vor­gang. Um dort die Di­gi­ta­li­sie­rung vor­an­zu­trei­ben, wer­den meist sehr teu­re In­no­va­ti­ons­pro­gram­me ge­fah­ren. Und dies müs­sen sich Fir­men nicht nur trau­en, son­dern auch leisten kön­nen. Da sind dann vie­le Un­ter­neh­mens­len­ker vor­sich­tig. Ge­ra­de jetzt in Zei­ten von Co­ro­na ver­hal­ten sich vie­le erst­mal ab­war­tend. Doch ich bin der Über­zeu­gung, dass sich Un­ter­neh­men lang­fris­tig – auch durch die Di­gi­ta­li­sie­rung des Bü­ros – für die nächs­te Kri­se und im Wett­be­werb auf­stel­len wer­den. Bei den Trans­ak­tio­nen hat Co­vid-19 selbst bei AAA-Büro­immobilien schon zu Un­si­cher­heit ge­führt, dass muss sich erst­mal be­ru­hi­gen.

Frau Krö­ger, in an­de­ren Bran­chen hat die Di­gi­ta­li­sie­rung nicht nur zu ei­ner Au­to­ma­ti­sie­rung der Pro­zes­se ge­führt, son­dern neue Dienst­leis­tun­gen über­haupt erst er­mög­licht. In­wie­fern trifft das auch auf das As­set-Ma­nage­ment im Im­mo­bi­li­en­sek­tor zu, vor al­lem bei Büro­immobilien – Stich­wort: Full-Ser­vice-As­set-Ma­nage­ment?

An­net­te Krö­ger: Grund­sätz­lich wird sich der Trend zur Ein­füh­rung von Lösungen, die auf den Nut­zer aus­ge­rich­tet sind, mit ver­bes­ser­ter „User Ex­pe­ri­ence“ und dem Ser­vice-Ge­dan­ken si­cher­lich aus­brei­ten. Ich er­war­te, dass sich auch dort der Markt seg­men­tiert in ech­te Full-Ser­vice-An­ge­bo­te, wie wir sie der­zeit eher im Shared-Of­fice-Be­reich se­hen, sowie in Bü­ro­flä­chen, in de­nen der Mie­ter wei­ter­hin stär­ker aut­ark agiert und nur ein be­grenz­tes Ser­vice­pa­ket zur Ver­fü­gung steht. Zu­dem wer­den Mie­ter Ser­vices ent­spre­chend ihrer je­wei­li­gen Si­tua­ti­on aus­wäh­len und ge­ge­be­nen­falls auch kom­bi­nie­ren, so wie heu­te schon oft der Wunsch von Cor­po­ra­tes be­steht, ge­wis­se Flächen mit ei­ge­nem De­sign und Aus­bau fest an­zu­mie­ten und dar­über hin­aus nach Be­darf wei­te­re Flächen im Full-Ser­vice-Be­reich fle­xi­bel im Gebäude hin­zu­mie­ten zu kön­nen. So­mit wird so­wohl das all­ge­mei­ne Ser­vice-Ni­veau stei­gen als auch eine Dif­fe­ren­zie­rung des An­ge­bots je nach An­for­de­run­gen des Nut­zers statt­fin­den.

Herr Ro­deck, ist ein durch­di­gi­ta­li­sier­tes Ge­schäfts­mo­dell des As­set-Ma­na­gers – sei es durch ef­fi­zi­en­te und weit­ge­hend au­to­ma­ti­sier­te Pro­zes­se oder durch Full-Ser­vice-An­ge­bo­te – für In­ves­to­ren auf der ei­nen und für Mie­ter auf der an­de­ren Sei­te Pflicht oder Kür? An­ders ge­fragt: Ist das ein An­ge­bot, das ger­ne mit­ge­nom­men wird, oder wird das in­zwi­schen ver­langt?

Mar­tin Ro­deck: Der Nach­fra­ge­druck von Fir­men, die ein As­set-Ma­nage­ment be­auf­tra­gen, nimmt zu. Doch ist die­ser noch nicht so hoch, dass sich nun alle As­set-Manager mor­gen gleich di­gi­ta­li­sie­ren müs­sen. An­ders sieht es bei den führen­den zehn Pro­zent der Bran­che aus. Dort ist der Druck so­wie­so vor­han­den, die müs­sen sich der Di­gi­ta­li­sie­rung stel­len – denn es han­delt sich hier­bei um dis­rup­ti­ve Kräf­te. Druck auf eine gan­ze Bran­che kann aber auch durch au­ßen ent­ste­hen. Zum Bei­spiel hat Fi­nanz­gi­gant Black­rock nach dem Da­vos-Tref­fen 2020 ver­kün­det, zu­künf­tig nur noch in Pro­duk­te zu investieren, die nach­hal­tig sind. Wenn je­mand wie Black­rock so eine Aus­sa­ge tä­tig, dann ent­steht wirk­li­cher Druck, sich zu wan­deln.

Für die gro­ßen Play­er ist es dann zwin­gend, die­sem Trend zu fol­gen, bei den klei­ne­ren in Deutsch­land dürf­te da­ge­gen noch kein gro­ßer Zwang herr­schen. Man muss sich auch die Fra­ge stel­len, ob es für klei­ne­re Port­fo­li­os über­haupt sinn­voll ist, sich groß­ar­tig zu di­gi­ta­li­sie­ren, auch aus Kos­ten­grün­den. Bei grö­ße­ren Port­fo­li­os steht dies aber au­ßer Fra­ge, da ist der Trend hin zur Di­gi­ta­li­sie­rung nicht mehr auf­zu­hal­ten.

In unseren Ver­mie­tungs­ge­sprä­chen geht es meist in ers­ter Li­nie um das Pro­dukt und we­ni­ger dar­um, wie di­gi­tal der As­set-Manager auf­ge­stellt ist. Ich den­ke, die Bran­che be­fin­det sich mo­men­tan in ei­ner Über­gangs­pha­se, in der sol­che Pro­zes­se häu­fig eher Kür sind, da sich die An­for­de­run­gen der meis­ten Mie­ter noch nicht ge­än­dert ha­ben.

Braucht die Bran­che in Zu­kunft ei­gent­lich noch ei­nen As­set-Manager aus Fleisch und Blut?

An­net­te Krö­ger: Das As­set-Ma­nage­ment kann durch die Di­gi­ta­li­sie­rung und Au­to­ma­ti­sie­rung von Pro­zes­sen be­son­ders bei ef­fi­zi­en­te­ren Aus­wer­tun­gen stark pro­fi­tie­ren und un­ter­stützt wer­den. Ge­ra­de die jet­zi­ge Co­ro­na-Kri­se zeigt aber ganz deut­lich, wie wich­tig den Mie­tern das per­sön­li­che Ge­spräch ist und die Mög­lich­keit, in­di­vi­du­el­le Lösungen für ihre je­wei­li­ge Si­tua­ti­on zu fin­den. Der As­set-Manager wird also wei­ter­hin ge­braucht, sei­ne Auf­ga­ben wer­den sich je­doch si­cher­lich im Lau­fe der Zeit stär­ker ver­la­gern.

Mar­tin Ro­deck: Ich stim­me Frau Krö­ger voll zu. Die In­ter­ak­ti­on zwi­schen Men­schen wird auch in Zu­kunft, nicht nur in unserer Bran­che, ein wich­ti­ger Be­stand­teil sein. Ich wür­de mir wün­schen, dass es mehr au­to­ma­ti­sche di­gi­ta­le Lösungen gibt, die im Hin­ter­grund lau­fen und ef­fi­zi­ent eine Im­mo­bi­lie steu­ern kön­nen. Doch ohne Men­schen wird es nicht ge­hen.

Wealth­cap The­men­pa­pier­rei­he Future Of­fice

Wealth­cap setzt sich in ei­ner ak­tu­el­len The­men­pa­pier­rei­he mit dem The­ma #Future­Office aus­ein­an­der. Dar­in er­fah­ren Sie mehr über die un­ter­schied­li­chen Pa­ra­me­ter des Bü­ros von Mor­gen, je­weils aus der Perspektive des Nut­zers, des Mie­ters, des As­set Ma­na­gers sowie des In­ves­tors.

Teil 1: Der Nut­zer
„Wer sind die Bü­ro­nut­zer der Zu­kunft“ und was er­war­ten sie?“

Teil 2: Der Mie­ter
„Die Mie­ter- und Un­ter­neh­mens­per­spek­ti­ve“

Teil 3: Der As­set Manager
„Perspektive As­set Ma­nage­ment“

Teil 4: Der In­ves­tor
„Perspektive In­ves­tor“

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