Digitales Asset Management
Das „Future Office“ und der digitale Asset-Manager
Lesen Sie im Interview mit Annette Kröger und Martin Rodeck, wie die Digitalisierung des Asset-Managements die Bürowelt von gestern in das „Future Office“ von morgen verwandelt.
Wie prägt der Megatrend Digitalisierung die zukünftige Büroarbeitswelt? Diese Frage beantworten die Experten Annette Kröger, Chief Executive Officer (CEO) der Allianz Real Estate North & Central Europe, und Martin Rodeck, Vorsitzender der Geschäftsführung beim Projektentwickler EDGE in Deutschland, im Interview – begleitend zum dritten Teil der Wealthcap-Themenpapierreihe „Future Office“.
Annette Kröger: Es müssen viele einzelne Initiativen im Asset-Management verfolgt werden, um digitaler zu werden – ob das Prozesse wie die Vereinheitlichung von Informationsstandards und Datenbanken sind, IoT, bessere Sammlung und Verarbeitung von Daten, die Nutzung von Plattformen oder zusätzliche Angebote für Nutzer, um Services zu erhöhen, beispielsweise automatisches Parkplatzmanagement oder Apps zur Kommunikation mit den Mietern. In vielen Bereichen sind digitale Infrastrukturen aber erst noch auf dem Weg, gesamte Prozesse abzubilden. Dazu ein Beispiel: Es gibt derzeit noch keinen kompletten digitalen Vermietungsprozess inklusive eines digitalen Mietvertrags, was gerade jetzt in Zeiten von Covid-19 hilfreich wäre. Die Umsetzung erfordert nicht nur Änderungen der Schriftformanforderungen, sondern auch eine viel stärkere Standardisierung von Verträgen im Gegensatz zur heutigen sehr individuellen Mietvertragsausgestaltung, insbesondere im Hinblick auf umfangreiche Verträge. Eine Automatisierung ist eher denkbar in kleinteiligen Vermietungen, wie wir sie im Shared-Office-Bereich sehen. Besichtigungen sind so schnell nicht zu ersetzen, die digitalen Services können jedoch in der frühen Phase durch virtuelle Lösungen komplementiert werden. Die wichtigsten Hürden im Digitalisierungsprozess des Asset-Managements sind die regulatorischen Restriktionen, wie die genannte Schriftformanforderungen, das Mindset und die klare Ausrichtung auf die Nutzer und Entwicklung von einheitlichen Ansätzen über die gesamte Wertschöpfungskette, sowie die Kooperation innerhalb der Branche und das Setzen von Standards.
Annette Kröger: Krisen schaffen Innovationen, treiben sie wie die Digitalisierung voran. Historisch gesehen haben meist Krisen zu technischen Quantensprüngen geführt. Ein kleiner, aber doch bedeutender Schritt bei Büroimmobilien ist beispielsweise, dass die Hürden und Bedenken beim Homeoffice während der Corona-Pandemie fast komplett gefallen sind. Die Kommunikation im Team beziehungsweise im ganzen Unternehmen funktioniert.
Doch beim Asset-Management können Workflows und Prozesse manchmal hochkomplex sein, zum Beispiel bei einem Transaktionsvorgang. Um dort die Digitalisierung voranzutreiben, werden meist sehr teure Innovationsprogramme gefahren. Und dies müssen sich Firmen nicht nur trauen, sondern auch leisten können. Da sind dann viele Unternehmenslenker vorsichtig. Gerade jetzt in Zeiten von Corona verhalten sich viele erstmal abwartend. Doch ich bin der Überzeugung, dass sich Unternehmen langfristig – auch durch die Digitalisierung des Büros – für die nächste Krise und im Wettbewerb aufstellen werden. Bei den Transaktionen hat Covid-19 selbst bei AAA-Büroimmobilien schon zu Unsicherheit geführt, dass muss sich erstmal beruhigen.
Annette Kröger: Grundsätzlich wird sich der Trend zur Einführung von Lösungen, die auf den Nutzer ausgerichtet sind, mit verbesserter „User Experience“ und dem Service-Gedanken sicherlich ausbreiten. Ich erwarte, dass sich auch dort der Markt segmentiert in echte Full-Service-Angebote, wie wir sie derzeit eher im Shared-Office-Bereich sehen, sowie in Büroflächen, in denen der Mieter weiterhin stärker autark agiert und nur ein begrenztes Servicepaket zur Verfügung steht. Zudem werden Mieter Services entsprechend ihrer jeweiligen Situation auswählen und gegebenenfalls auch kombinieren, so wie heute schon oft der Wunsch von Corporates besteht, gewisse Flächen mit eigenem Design und Ausbau fest anzumieten und darüber hinaus nach Bedarf weitere Flächen im Full-Service-Bereich flexibel im Gebäude hinzumieten zu können. Somit wird sowohl das allgemeine Service-Niveau steigen als auch eine Differenzierung des Angebots je nach Anforderungen des Nutzers stattfinden.
Martin Rodeck: Der Nachfragedruck von Firmen, die ein Asset-Management beauftragen, nimmt zu. Doch ist dieser noch nicht so hoch, dass sich nun alle Asset-Manager morgen gleich digitalisieren müssen. Anders sieht es bei den führenden zehn Prozent der Branche aus. Dort ist der Druck sowieso vorhanden, die müssen sich der Digitalisierung stellen – denn es handelt sich hierbei um disruptive Kräfte. Druck auf eine ganze Branche kann aber auch durch außen entstehen. Zum Beispiel hat Finanzgigant Blackrock nach dem Davos-Treffen 2020 verkündet, zukünftig nur noch in Produkte zu investieren, die nachhaltig sind. Wenn jemand wie Blackrock so eine Aussage tätig, dann entsteht wirklicher Druck, sich zu wandeln.
Für die großen Player ist es dann zwingend, diesem Trend zu folgen, bei den kleineren in Deutschland dürfte dagegen noch kein großer Zwang herrschen. Man muss sich auch die Frage stellen, ob es für kleinere Portfolios überhaupt sinnvoll ist, sich großartig zu digitalisieren, auch aus Kostengründen. Bei größeren Portfolios steht dies aber außer Frage, da ist der Trend hin zur Digitalisierung nicht mehr aufzuhalten.
In unseren Vermietungsgesprächen geht es meist in erster Linie um das Produkt und weniger darum, wie digital der Asset-Manager aufgestellt ist. Ich denke, die Branche befindet sich momentan in einer Übergangsphase, in der solche Prozesse häufig eher Kür sind, da sich die Anforderungen der meisten Mieter noch nicht geändert haben.
Annette Kröger: Das Asset-Management kann durch die Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen besonders bei effizienteren Auswertungen stark profitieren und unterstützt werden. Gerade die jetzige Corona-Krise zeigt aber ganz deutlich, wie wichtig den Mietern das persönliche Gespräch ist und die Möglichkeit, individuelle Lösungen für ihre jeweilige Situation zu finden. Der Asset-Manager wird also weiterhin gebraucht, seine Aufgaben werden sich jedoch sicherlich im Laufe der Zeit stärker verlagern.
Martin Rodeck: Ich stimme Frau Kröger voll zu. Die Interaktion zwischen Menschen wird auch in Zukunft, nicht nur in unserer Branche, ein wichtiger Bestandteil sein. Ich würde mir wünschen, dass es mehr automatische digitale Lösungen gibt, die im Hintergrund laufen und effizient eine Immobilie steuern können. Doch ohne Menschen wird es nicht gehen.
Wealthcap Themenpapierreihe Future Office
Wealthcap setzt sich in einer aktuellen Themenpapierreihe mit dem Thema #FutureOffice auseinander. Darin erfahren Sie mehr über die unterschiedlichen Parameter des Büros von Morgen, jeweils aus der Perspektive des Nutzers, des Mieters, des Asset Managers sowie des Investors.