Immo­bilien
Ar­ti­kel • 2020-03-06

Quan­ten­sprung Handel

Zum Quan­ten­sprung an­ge­setzt

Was die selt­sams­te Kat­ze der Welt In­ves­to­ren über die Zu­kunft des Han­dels ver­rät.

Le­se­zeit: 5 Mi­nu­ten
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Was ha­ben Handel und Quan­ten­phy­sik ge­mein­sam? Ei­gent­lich nicht viel, aber bei bei­dem ist die Zu­kunft un­ge­wiss.

Wis­sen­schaft­ler ha­ben da­für ein Ge­dan­ken­ex­pe­ri­ment ent­wor­fen, das 1935 von Er­win Schrö­din­ger vor­ge­schla­gen wur­de. Um zu zei­gen, dass auf Quan­ten­ebe­ne an­de­re Na­tur­ge­set­ze gel­ten als in der All­tags­welt, wird eine Kat­ze in ei­nen Zu­stand ge­bracht, in dem sie un­ge­wöhn­li­cher­wei­se tot und le­bend zu­gleich ist. Aber nur so­lan­ge nie­mand hin­guckt. Eine wei­te­re Re­gel von Schrö­din­gers Quan­ten-Kat­ze ist näm­lich, dass die­se Un­be­stimmt­heit nur so lan­ge be­steht, bis je­mand nach der Kat­ze sieht. Erst dann ent­schei­det sich, in wel­cher Ver­fas­sung die Kat­ze wirk­lich ist.

So ähn­lich ver­hält es sich mit der Zu­kunft des Han­dels: Die Zei­ten ver­gan­ge­ner Jahr­hun­der­te, in de­nen sich Men­schen über die Markt­plät­ze und Ge­schäfts­stra­ßen ihrer Orts­ker­ne ver­sorgt ha­ben, ist lan­ge, lan­ge vorbei. Wenn wir heut­zu­ta­ge über den Handel re­den, dann mei­nen wir in der Re­gel vie­le un­ter­schied­li­che For­men, die alle gleich­zei­tig exis­tie­ren und eben NICHT im­mer wi­der­spruchs­frei sind. (So wie Schrö­din­gers Kat­ze, die ei­gent­lich nicht tot und le­ben­dig zu­gleich sein kann.) Über­tra­gen wir das Ge­dan­ken­ex­pe­ri­ment also ein­fach auf die „ech­te“ Welt: Von der Kat­ze auf die Zu­kunft des Han­dels, die, zu­min­dest in den Köp­fen unserer #Fu­ture­Re­tail-Ex­per­ten, schon zu ei­nem gu­ten Teil Ge­gen­wart ge­wor­den ist. Wel­ches Sze­na­rio sich am Ende durch­setzt? Das wird sich erst be­ant­wor­ten, wenn wir es se­hen.

Sze­na­rio 1: Der voll di­gi­ta­li­sier­te Ein­kauf

Im Jahr 2025 über­tra­gen Händ­ler erst­mals ihr ge­sam­tes Wa­ren­an­ge­bot mit Mil­lio­nen von Ar­ti­keln in die vir­tu­el­le Rea­li­tät und er­schaf­fen ei­nen täu­schend ech­ten Ein­kaufs­raum – im Ver­gleich zum heu­ti­gen E-Com­mer­ce eine neue Di­men­si­on in der Welt des di­gi­ta­len Ein­zel­han­dels. On­line ein­kau­fen wird so­mit erst­mals zu ei­nem ge­fühlt rea­len Er­leb­nis. Kun­den schau­en nicht mehr auf ei­nen Bild­schirm und kli­cken sich durch das An­ge­bot, son­dern „be­we­gen“ sich per VR-Bril­le durch drei­di­men­sio­nal er­fahr­ba­re Ver­kaufs­räu­me.

Die klas­si­sche Wer­bung in Zei­tun­gen und im Fern­se­hen ist voll­kom­men ver­schwun­den. Statt­des­sen wer­den Kon­su­men­ten in den vir­tu­el­len Ein­kaufs­wel­ten durch In­fluen­cer, per­sön­li­che Emp­feh­lun­gen und Al­go­rith­men zu ih­rem Wunsch­pro­dukt ge­führt. Er­scheint ein Pro­dukt in den so­zia­len Me­di­en und ge­fällt, dann reicht ein Sprach­be­fehl aus, um es zu be­stel­len. Die Ein­zel­han­dels­im­mo­bi­lie selbst in­te­griert im­mer mehr Lo­gis­tik­flä­chen und -dienst­leis­tun­gen in ihr Nut­zungs­pro­fil.

Sze­na­rio 2: Der Grü­ne Ein­kauf

Die öf­fent­li­chen Pro­tes­te ge­gen die Um­welt­ver­schmut­zung tru­gen Früch­te und 2040 le­ben und den­ken die Men­schen nach­hal­tig. In den Städ­ten wer­den ver­mehrt Le­bens­mit­tel auf Dä­chern und in ver­ti­ka­len Gär­ten an­ge­baut. Ge­brauchs­ge­gen­stän­de wer­den nach lan­ger Be­nut­zung re­pa­riert und se­cond­hand wei­ter­ver­wen­det oder up­ge­cy­celt; ein­fa­ches Ent­sor­gen und et­was Neu­es kau­fen ist „out“.

Nach­hal­ti­ge Bio­märk­te, Bau­märk­te mit DIY-Kur­sen und fuß­läu­fi­ge Stadt­teil­zen­tren mit auf­re­gen­den Er­leb­nis­flä­chen statt star­rer Ver­kaufs­flä­chen sind „in“. Handels­immobilien sind von Or­ten des Kon­sums zu wich­ti­gen so­zia­len In­ter­ak­ti­ons­räu­men ge­wor­den – Gas­tro­no­mie, Handel und Er­leb­nis in ei­nem. Die Ver­brau­cher wol­len kei­ne um­welt­schäd­li­che, en­er­gie­ver­schwen­de­ri­sche und aus­beu­te­ri­sche Mas­sen­wa­re in rie­si­gen Kon­sum­tem­peln mehr. In nahe ge­le­ge­nen, de­zen­tra­len Ge­schäf­ten kau­fen sie re­gio­nal her­ge­stell­te, in­di­vi­dua­li­sier­te Fair-Trade-Pro­duk­te, die ihre Iden­ti­tät wi­der­spie­geln.

Sze­na­rio 3: Das Ende der star­ren Ei­gen­tums­im­mo­bi­lie

Dank der Au­to­ma­ti­sie­rung und dem In­ter­net of Things sind die Grenz­kos­ten von Wa­ren und Dienst­leis­tun­gen na­he­zu auf null ge­sun­ken. Mensch­li­che Ar­beit wird kaum noch be­nö­tigt und im­mer mehr Men­schen le­ben von ei­nem all­ge­mei­nen Grund­ein­kom­men. 2040 hört der klas­si­sche Wirt­schafts­kreis­lauf, wie wir ihn ken­nen, auf zu exis­tie­ren. Es kommt zu ei­ner „Sha­ring Re­vo­lu­ti­on“: Ei­gen­tum wird zu­neh­mend als Be­las­tung emp­fun­den und die Men­schen wen­den sich als Fol­ge der Sha­ring Economy zu, dem Handel mit Nut­zungs­rech­ten. Je­der­zeit kön­nen die Rech­te dank Block­chain an an­de­re über­tra­gen wer­den. Nie­mand will sich mehr lang­fris­tig an Au­tos, Mö­bel oder Immo­bilien bin­den. Statt­des­sen er­le­ben die Men­schen die Frei­heit und die Fle­xi­bi­li­tät, im­mer wie­der neue Mo­del­le und Mög­lich­kei­ten aus­pro­bie­ren und aus­tau­schen zu kön­nen. Pro­duk­te wer­den nun vermietet und die Da­ten, die Her­stel­ler von ihren Kun­den sam­meln, zu Geld ge­macht. Äl­te­re Immo­bilien, die nur ei­nem kon­kre­ten Zweck dien­ten, wer­den mit­hil­fe mul­ti­funk­tio­na­ler und nach­hal­tig aus­ge­rich­te­ter Stadt­pla­nung re­struk­tu­riert.

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