Green Appeal
Wie der Neo-Ökologismus den Handel verändert
Immer mehr Verbraucher legen Wert auf nachhaltige Konzepte. Welchen Einfluss hat der Neo-Ökologismus auf die Handelsimmobilien der Zukunft? Theresa Schleicher vom Zukunftsinstitut im Interview im Rahmen der Reihe #FutureRetail.
Das Hemd aus Bangladesch, die Äpfel aus Neuseeland? Immer mehr Menschen achten auf das Kleingeduckte ihrer Einkäufe. Schließlich fallen Produkte nicht einfach so vom Himmel. Sie sind durch unzählige Hände, Maschinen und Transportwege zu uns gelangt. Immer mehr Verbraucher entwickeln deshalb ein Bewusstsein dafür, dass ihr Konsum untrennbar mit Verantwortung gegenüber der Umwelt verbunden ist.
Wir sprachen im Rahmen der Erstellung unser neuen Wealthcap Studie „Future Retail – DNA des Erfolges. Erfolgsgeheimnis zukunftsstarker Handelsstandorte“ (siehe Download im nächsten Absatz) mit Theresa Schleicher, Trendexpertin beim Zukunftsinstitut in Frankfurt am Main, über verschiedene Dimensionen des Neo-Ökologismus und darüber, was Handelsimmobilien in den nächsten Jahren leisten müssen.
Future Retail - DNA des Erfolges. Erfolgsgeheimnis zukunftsstarker Handelsstandorte
Sharing Economy, Mobilitätswende, Urbanisierung: Im Sog dieser und weiterer Megatrends befindet sich der Einzelhandel in einer tiefgreifenden Transformation. Der stationäre Einzelhandel wird sich in einer digitalisieren Welt behaupten – die Frage ist nur, wie und wo. Die Erfolgsfaktoren haben wir gemeinsam mit den Spezialisten der BBE Handelsberatung und weiteren Fachleuten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Praxis untersucht. Das Ergebnis ist die Wealthcap Studie „Future Retail – DNA des Erfolges. Erfolgsgeheimnis zukunftsstarker Handelsstandorte“ mit dem speziell entwickelten Wealthcap Scoring.
Theresa Schleicher: Zunächst einmal müssen wir die Dimensionen des ethischen Konsums etwas genauer aufsplitten. Betrifft das Phänomen nur die Warenketten, Produkte und Herstellungsverfahren oder auch das Handelsumfeld, in dem diese Produkte erstanden werden? Mit Shopping-Centern, die aussehen wie monolithische Betonbunker, werden wir zukünftig wohl keine Kunden mehr in die Geschäfte locken. Gebraucht werden Konzepte, die sowohl Grünflächen beinhalten als auch grüne Rückzugsmöglichkeiten für flanierende Kunden erlauben. Ich bin mir sicher, dass das Thema Nachhaltigkeit für Nachfolgegeneration noch wesentlich wichtiger sein wird als für uns heute.
Wealthcap Talk: Megatrends im Handel
Welche Megatrends beeinflussen den Handel? Theresa Schleicher, Trendforscherin beim Zukunftsinstitut, gibt Insights im Rahmen unseres Talks.
Theresa Schleicher: Das gewachsene Klimabewusstsein der Menschen erklärt den Trend aber nicht vollständig. Wir sollten ihn daher etwas umfassender betrachten. Etwa so: In wenigen Jahrzehnten wird der Hauptteil unserer Gesellschaft in Städten leben. Großen, vollen Städten. Schon heute gibt es dort kaum bis gar keine Freiflächen mehr, der Kompromiss zwischen ausreichend Grünflächen auf der einen Seite und genügend Wohn- und Arbeitsflächen auf der anderen wird immer schwieriger. Ich erinnere an das Tempelhofer Feld im Herzen Berlins – ein großes Naherholungsgebiet, das die Stadt am liebsten mit Wohnungen bebauen würde, weil die Stadt aus allen Nähten platzt. Das Bedürfnis nach ein wenig mehr Grün in der Stadt wird deswegen nicht kleiner. Bei ihrer Positionierung können Handelsstandorte dieses Bedürfnis für sich nutzen.
Theresa Schleicher: Das Marketing spielt dort auch eine vergleichsweise geringere Bedeutung. Wenn ein Weltkonzern seine Herstellungsmethoden umstellt und das im Marketing ausdrückt, dann werden dafür ganz andere Summen aufgerufen. Aber der Gedanke geht in die richtige Richtung. Sicherlich könnte man Handelsimmobilien heute „grüner“ konzipieren, als es noch der Fall ist. Ich denke aber auch, dass Probleme immer auch bedeuten, dass jemand kreativ werden muss, und ich bin gespannt darauf, zu sehen, wie sich Handelsimmobilien in dieser Hinsicht entwickeln werden.
Theresa Schleicher: In vielen Dingen steckt Nachhaltigkeit drin, auch wenn auf dem ersten Blick ein anderer Name draufsteht. Bei der Mobilitätswende zum Beispiel. Das Auto ist längst nicht mehr alternativlos und viele Menschen fahren auf täglich wiederkehrenden Einkaufswegen – beispielsweise zum Supermarkt – bewusst lieber ohne Verbrennungsmotor. Zumal die Kunden immer distanzsensibler werden und weniger bereit sind, die für den Autoverkehr typischen Entfernungen in die Fachmarktlagen zurückzulegen. Handelsimmobilien könnten sich gezielt als Mobility-Hubs positionieren und ihren Kunden erlauben, sie mit schonenderen Mobilitätsformen zu erreichen. Dazu müssten sie lediglich die dafür nötige Infrastruktur bereitstellen.
Theresa Schleicher: Noch nicht. Das Beispiel Mobilität zeigt sehr gut, wie sich das Selbstverständnis in der Branche verändern wird. Handelsimmobilien sind eben nicht nur Orte des Handels. Überlegen Sie mal, was Handelsimmobilien heute alles leisten sollen. Gegen die Wohnungsnot sollen sie helfen – also bauen wir verstärkt Wohnungen auf ihre Dächer. Erlebnisse sollen sie bieten – also bauen wir immer mehr Entertainment-Angebote in sie hinein. Warum also sollten Handelsimmobilien nicht auch einen Beitrag zur Mobilität in der Stadt leisten können?
#FutureRetail
Wir haben für Sie interessante Themen rund um das Thema Handel und Handelsimmobilien zusammengestellt. Lesen Sie mehr in den Artikeln oder hören Sie unsere Podcasts:
- Artikel und Podcast (Zusammenfassung) „Schöne neue Einkaufswelt: Wertindikatoren für Handelsimmobilien“
- Artikel und Podcast „Stadtteilzentrum: Nähe ist alles“
- Artikel und Podcast „Nahversorger: Kopplungspotenziale nutzen“
- Artikel und Podcast „Fachmarktzentrum: „Missing Link“ zwischen Stadt und Land“
- Artikel und Podcast „Baumärkte: Wo die Selbstverwirklichung zuhause ist“