Blockchain
Real Assets meet Blockchain
Gekommen, um zu bleiben – das sagen Expert:innen aus Theorie und Praxis zur Blockchain. Lesen Sie aktuelle Einblicke zu Möglichkeiten und Chancen der Tokenisierung von Real Assets.
Geballtes Wissen gab es beim Workshop „Real Assets meet Blockchain“: Wissenschaftler, Unternehmer:innen und Rechtsexperten haben mit Kolleg:innen von Wealthcap die Möglichkeiten erörtert, die die Blockchain für Sachwert-Investments schon heute bietet und in Zukunft bieten wird, sowie die Hindernisse auf dem Weg dorthin.
Anfang 2009 wurde der Bitcoin geboren – und hat seither viele Nachahmungen gefunden. Von Anfang an waren die Meinungen über die Kryptowährung geteilt: Die Pole reichten von „unnützes Spielzeug für Tekkies“ auf der einen bis zu „langfristiger Ersatz für nationale Währungen“ auf der anderen Seite. Eine Eintagsfliege zumindest ist der Bitcoin nicht geblieben.
Doch was auch immer man von den Kryptowährungen halten mag, was sich wirklich durchsetzen wird, ist die Technologie dahinter: die Blockchain. Diese ist nämlich zu trennen von den teils sehr volatilen Entwicklungen bei Bitcoin und Co.
Das jedenfalls war einhellige Meinung aller Teilnehmer:innen am Wealthcap-Workshop „Real Assets meet Blockchain“. Ziel des Workshops war es, in Vorträgen und Diskussionen den aktuellen Stand in Sachen Technologie und Regulatorik zu erörtern. Abgerundet wurde der Workshop durch Praxisbeispiele, die zeigen, welche Investmentmöglichkeiten es basierend auf der Blockchain bereits gibt, was theoretisch möglich ist, was es in Zukunft vielleicht geben wird, und natürlich auch, woran es derzeit noch hapert.
Zu dem Workshop hatte Wealthcap eine Reihe ausgewiesener Expert:innen aus verschiedenen Disziplinen eingeladen:
- Susanne Bonfig, selbstständige Beraterin und Investorin
- Nezu Yukitaka, Gründer des Blockchain-Unternehmens Datarella und Mitgründer der European Blockchain Association
- Eric Romba, Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei Osborne Clarke
- Professor Dr. Philipp Sandner, Wirtschaftswissenschaftler und Gründer des Blockchain Center an der Frankfurt School of Finance
- Tobias Seidl, Mitgründer der Token-Plattform STOKR, eines führenden digitalen Marktplatzes für alternative Investments
- Ludger Wibbeke, Geschäftsführer von HANSAINVEST Hanseatische Investment-GmbH
„Die Blockchain geht nicht mehr weg, sie ist gekommen, um zu bleiben“, sagte Professor Philipp Sandner gleich zu Beginn des Workshops. „Und an alle, die bis jetzt noch nicht dabei sind: Kein Problem, ihr habt noch nicht viel verpasst. Wir sind noch ganz am Anfang, der Zug ist längst noch nicht abgefahren. Denn die Blockchain wird sich durchsetzen, bei nahezu jedem Asset und Prozess.“
Angefangen bei Kryptowährungen und Zahlungsverkehr über liquide Assets, Sachwerte, Rohstoffe, Unikate wie Kunstwerke oder Turnschuhe berühmter Sportler, Oldtimer, Immobilien, Infrastruktur, Erneuerbare-Energien-Anlagen bis hin zu administrativen Prozessen und CO2-Emissionsrechten – im Prinzip ist alles „tokenisierbar“ und damit in einer Blockchain darstellbar.
Audio Zitat
Warum das noch nicht längst überall passiert ist? Dazu räumte der Workshop zunächst mit einem Missverständnis auf, das sich seit dem ersten Hype hartnäckig hält: Die Blockchain ist kein neues Anlagevehikel und keine neue Assetklasse. Der Token ist lediglich ein technischer Träger. Ein Real Asset lässt sich auch nicht direkt „tokenisieren“. Das wurde in der Anfangszeit der Blockchain versucht, hat aber nicht funktioniert. Es bedarf immer einer „Legal Entity“, also einer vorhandenen rechtlichen und für eine Blockchain geeignete Struktur. In Deutschland ist das derzeit nur über Fremdkapital- oder Mezzanine-Instrumente darstellbar, nicht über reines Eigenkapital – anders als in Luxemburg oder Liechtenstein.
Dass die Potenziale der Blockchain bisher noch nicht voll ausgeschöpft werden können, liegt also nicht an der Technologie. Da waren sich die Workshop-Teilnehmer:innen einig. Das größte Hemmnis ist die Regulierung. Die meisten Regeln und Prozesse stammen aus einer Zeit lange vor der Digitalisierung oder gar der beginnenden Tokenisierung der Welt. Die Frage ist also, welche „Legal Entities“ – sprich: Rechtsformen – grundsätzlich infrage kommen und wie diese ausgestaltet sein müssen, um als Token über eine Blockchain transferierbar gemacht werden zu können und gleichzeitig strenge Governance-Kriterien zu erfüllen.
Und warum dieser ganze Aufwand? Wo ist der Vorteil der Blockchain? Grundsätzlich gesagt: Die Blockchain ist sicher und transparent und die Token sind zu niedrigen Transaktionskosten jederzeit übertrag- und damit handelbar. Genau das ist aber auch eine der Hürden: Handelbarkeit ist für (institutionelle) Investor:innen erst dann wirklich relevant, wenn auch ausreichend Liquidität auf den entsprechenden (Zweit-)Märkten herrscht, sich also bei Bedarf auch Käufer:innen finden. Auch dabei ist noch viel Entwicklungspotenzial zu heben.
Audio Zitat
Der Workshop hat aber auch anhand vieler Praxisbeispiele gezeigt, was schon heute mit der Technologie möglich ist. Ein spannendes Beispiel außerhalb des Real-Assets-Universums sind einfache und effiziente Zahlungssysteme im Rahmen der internationalen Flüchtlingshilfe. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt und lassen ganz neue Visionen zu, freilich auch im Bereich des Immobilien-Asset-Managements: Kann man zum Beispiel Mieter-Incentives in Zukunft „tokenisieren“? Eine Community schaffen, indem man Mieter:innen über Token an der Immobilie teilhaben lässt? In Token pro Quadratmeter? Was sind die Möglichkeiten im „ESG-Handling“?
Neben dem Asset Management entstehen auch in anderen Wertschöpfungsbereichen zum Beispiel mit Blick auf Vertriebsprozesse Möglichkeiten für digitale Marktplätze und Anlegerbeitritte basierend auf der Blockchain. Aus technischer Sicht sind der Fantasie der Asset Manager kaum Grenzen gesetzt, bei enormer Skalierbarkeit. Die große Frage ist, welche innovativen Ansätze innerhalb der bestehenden Regulierung realisierbar sind und wohin sich die Regulierung entwickelt.