ESG ist absolut erforderlich
„ESG ist absolut erforderlich“
Dirk Braun, Director Asset Management Alternative Investments der EnBW, erläutert, warum für ihn Zukunftsfähigkeit und ESG-Kriterien bei Büro-Investments alternativlos geworden sind.
Der vierte Teil der Wealthcap Themenpapierreihe „Future Office“ betrachtet die Anforderungen an ein zukunftsfähiges Büroinvestment aus der Perspektive der Investoren. Dazu sprachen wir im Vorfeld mit Dirk Braun, Director Asset Management Alternative Investments bei EnBW. Welche Maßstäbe setzt ein großer Energieversorger bei seiner Immobilienkapitalanlage, um die Altersversorgung der Mitarbeiter über Jahrzehnte zu sichern?
Dirk Braun: Als Core- und Core-Plus-Investor legen wir besonderes Augenmerk auf die Stabilität der Cashflows. Zudem sind für uns die Lage, die eingebundenen Partner sowie die Flexibilität und Drittverwendungsfähigkeit der Immobilie entscheidende Merkmale. Das Prinzip unserer Überlegungen lautet: Die Immobilie braucht den Nutzer. Und für den Nutzer entscheidend sind die Lage, die Verkehrsanbindung, die technische Infrastruktur. Ein weiteres wichtiges Kriterium für uns ist die Zukunftsfähigkeit eines Objekts. Im gesamten Prozess nimmt der Asset-Manager eine wichtige Rolle ein: Er muss für Transparenz sorgen, mit Nutzern und Investoren kommunizieren, Kreativität und Mut im Dialog zeigen.
Es ist gut möglich, dass sich einzelne Parameter im Zuge der Corona-Krise verschieben. Stellen sich Branchen und Unternehmen neu auf? Wie werden wir in Zukunft arbeiten? Noch ist es viel zu früh, dies final zu beurteilen und die Anlagestrategie neu auszurichten. Kurzfristig kommt es jetzt erst mal sehr stark auf den Mieter und seine Bonität an.
Dirk Braun: Die Art, wie wir arbeiten, war und ist immer in Bewegung. In meiner bisherigen beruflichen Laufbahn habe ich von Einzel-, Zwei- und Vierpersonen-Büros bis zu flexiblen Großraumwelten schon alles miterlebt. Alles hat Vor- und Nachteile. Das Optimum hängt in erster Linie von den individuellen Bedürfnissen der Nutzer ab, liegt aber irgendwo in der Mitte. Gewisse Trends haben jedoch seit Jahren Bestand, vor allem der Entwurf eines flexibleren Arbeitsmodells. Das schlägt sich natürlich in der Nutzung der Büroimmobilie nieder.
Dieser Trend erhielt durch Corona und die Erfahrungen mit dem Homeoffice noch mal einen kräftigen Schub. Die vergangenen Monate haben aber auch gezeigt: Videokonferenzen und Telefonate allein reichen nicht aus. Persönliche Zusammenarbeit, Wertschätzung, Kommunikation und Austausch fördern Innovation und Kreativität. Die Büroimmobilie wird noch mehr zur Kommunikationsplattform. Unternehmen werden in ihren Flächen unterschiedliche Konzepte testen müssen. Und sie werden die Immobilie auch in ihren Effizienzprogrammen sicherlich wohlwollend aufnehmen. Wir dürfen aber bei all den Diskussionen den Menschen nicht aus den Augen verlieren. Wir im Financial-Asset-Management der EnBW überprüfen gerade im Rahmen eines agilen Projekts unsere Immobilienanlagestrategie, auch im Hinblick auf solche Parameter. Der 360-Grad-Blick auf die Büroimmobilie und ihre Zukunft ist dabei ein wichtiges Leitmotiv.
Dirk Braun: Die vier Kriterien sind alle wichtig, aber wenn ich eines besonders hervorheben darf, dann ist das die Flexibilität. Der Mensch wird flexibler, die Arbeit wird flexibler, dem muss die Büroimmobilie natürlich folgen können. Die Immobilie per se ist natürlich nicht flexibel – die Lage können wir nicht beeinflussen –, aber das Innenleben muss es sein, um den sich wandelnden Anforderungen der Nutzer gerecht zu werden. Hierfür sind Vorstellungskraft und Kreativität des Fondsmanagers gefragt. Flexibilität ist in unseren Augen das Zukunftsthema schlechthin.
Nachhaltigkeit – Stichwort „Green“ – ist schon sehr weit etabliert und für uns selbstverständlich. Wichtig ist mir hierbei Transparenz, und dass die Standards stetig verbessert werden. Ich sehe die Branche da aber auf einem guten Weg. Investoren, Mieter und Asset-Manager müssen hierbei gemeinsam an einem Strang ziehen. Und was in der allgemeinen Diskussion oftmals zu kurz kommt: Dies sollte auch die Finanzierungsseite miteinbeziehen.
17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen
Quelle: 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, in der offiziellen Übersetzung seitens der Bundesregierung, hier
Dirk Braun: Das kann ich eindeutig beantworten: absolut erforderlich! Wir folgen klar dem Weg, den unser Unternehmen EnBW eingeschlagen hat. Die konsequente Ausrichtung hin zu erneuerbaren Energien sowie einer nachhaltigen und klimafreundlichen Energieversorgung ist integraler Bestandteil unserer Konzernstrategie. Dies berücksichtigen wir auch in der Kapitalanlage – immerhin stehen unsere institutionellen Investments für 15 bis 20 Prozent der Bilanzsumme des Konzerns. Auf Konzernebene steuern wir unser ESG-Engagement unter anderem konkret nach UN-Nachhaltigkeitszielen (SDG), speziell nach SDG 7, 9, 11 und 13. Damit sind wir als Unternehmen und in der Kapitalanlage bereits auf einem guten Weg.
ESG ist ein fester Bestandteil der Kapitalanlage, bereits im Due-Diligence-Prozess. Dabei beleuchten wir neben der Immobilie auch die angebundenen Partner. Wir arbeiten nur mit Fondsmanagern zusammen, die die Prinzipien der Vereinten Nationen für verantwortliches Investieren (UNPRI) unterzeichnet oder sich vergleichbaren ESG-Prinzipien verpflichtet haben.
Für uns ist auch ein aussagekräftiges Reporting entscheidend. Leider fehlt es bei indirekten Immobilieninvestments noch an einem branchenweiten Standard für das ESG-Reporting. Die Herausforderungen dabei sind groß, denken wir beispielsweise an den Datenschutz, wenn es um die Messung von Verbrauchsdaten geht.
Dirk Braun: Da ESG für uns alternativlos ist, stellt sich die Frage bei unseren Investmententscheidungen nicht. ESG ist Teil unserer Konzern-DNA – und unseres Risikomanagementprozesses. Rendite und Risiko sind ja untrennbar verbunden. Nehmen wir das „G“ aus ESG – also die Governance-Kriterien –, hier sehen wir in unserem Risikomanagement einen unmittelbaren Nutzen. ESG ist risikominimierend.
Doch auch die Rendite profitiert von ESG, Tendenz steigend. Denn auf Mieterseite wird das Thema ebenfalls immer wichtiger. Große, namhafte und bonitätsstarke Mieter achten bei der Anmietung immer stärker auf Nachhaltigkeitskriterien. Das betrifft längst nicht mehr nur den Energieverbrauch, sondern auch die verwendeten Baumaterialien (auch über den Lebenszyklus hinaus) und die Flexibilität der Flächen. Der Fondsmanager wird bei all diesen Themen stärker in der Verantwortung stehen als in der Vergangenheit.
Wealthcap Themenpapierreihe Future Office
Wealthcap setzt sich in einer aktuellen Themenpapierreihe mit dem Thema #FutureOffice auseinander. Darin erfahren Sie mehr über die unterschiedlichen Parameter des Büros von Morgen, jeweils aus der Perspektive des Nutzers, des Mieters, des Asset Managers sowie des Investors.