Future Asset Allocation
„Meine Traumallokation sähe anders aus“
Versicherungen sind langsamer bei der Umschichtung ihrer Portfolios. Dr. Thomas Mann, Sprecher der Geschäftsführung der Ampega Investment GmbH, erklärt warum.

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Versicherungen scheinen anderen Investorengruppen hinterherzuhinken, wenn es darum geht, die Portfolioallokation an die Zinsrealität anzupassen. Dr. Thomas Mann, Geschäftsführer der Ampega Asset Management GmbH sowie der Ampega Investment GmbH und damit verantwortlich für die Kapitalanlage innerhalb der Talanx-Versicherungsgruppe, sieht die Ursache nicht allein in der Regulierung. In unserer Interviewreihe zur aktuellen Wealthcap Studie „Future Asset Allocation – Resilienz in der institutionellen Anlage“ erläutert er weitere Ursachen.
Herr Dr. Mann, im Rahmen unserer Studie haben wir institutionelle Investoren nach den derzeit größten Herausforderungen gefragt. Niedrigzinsen und Regulierung standen bei den Antworten weit oben. Teilen Sie das?
DR. THOMAS MANN Das sind jedenfalls Faktoren, die die Kapitalanlage stark beeinflussen. Sie beschäftigen uns allerdings schon seit Jahren. Bei den Zinsen haben wir seit fast zehn Jahren japanische Verhältnisse, die wohl auch nicht so schnell verschwinden werden. Damit müssen wir leben, wir können es nicht ändern. Also müssen wir uns darauf einstellen. In der Lebensversicherung haben wir unsere Verträge neu gestaltet und die Garantieverzinsung von Altverträgen ist über die Dotierung der Zinszusatzreserve gut abgefedert. Aber klar, wir haben auch unsere Kapitalallokation an das neue Zinsumfeld angepasst, weg von reinen Zinstiteln, hin zu Aktien und Sachwerten wie Private Equity, Immobilien oder Infrastruktur.
DR. THOMAS MANN Eine grundsätzliche Bemerkung zum Thema Regulierung: Wir empfinden das nicht als Last. Natürlich ist Regulierung mit Aufwand verbunden – aber es ist schlicht und ergreifend unser Brot- und Buttergeschäft und gehört zu unserem Geschäftsmodell als Versicherungskonzern. Als größerer Marktteilnehmer können wir den Aufwand übrigens auch besser stemmen als viele kleinere Wettbewerber, für die sich zum Beispiel Investitionen in die benötigte IT unter Umständen gar nicht lohnen. Wir haben aktuell ca. 169 Milliarden Euro Assets unter Verwaltung, das verschafft uns Vorteile.
So viel vorweg, nun zu Ihrer eigentlichen Frage: Meine Traumallokation ohne regulatorische Leitplanken in der Kapitalanlage sähe – man beachte den Konjunktiv! – wahrscheinlich anders aus. Aktuell haben wir rund 80 Prozent unseres Portfolios in Fixed-Income investiert. Da blicke ich manchmal neidisch auf die Versorgungswerke mit ihren offenen Plandeckungsverfahren, die sehr viel mehr in Aktien oder illiquide Sachwerte investieren können. Aber gemäß Solvency II müssen wir eben das Risiko-Exposure unserer Kapitalanlagen mit der Risikotragfähigkeit der einzelnen Versicherungsbereiche matchen. Mit Blick auf unser Eigenkapital können wir nicht unbegrenzt in volatile Assetklassen investieren. Doch ähnlich wie bei den Niedrigzinsen gilt natürlich auch hier: Das sind nun mal die Spielregeln. Die können und wollen wir nicht beeinflussen.
DR. THOMAS MANN Da ist auch noch die schiere Größe unseres Sektors. Wenn alle Versicherer von heute auf morgen komplett in Immobilien umschichten wollten – so viele attraktive Immobilien gibt es gar nicht am Markt. Die Neuausrichtung kann deshalb nur schrittweise erfolgen und im Rahmen der regulatorischen Möglichkeiten.
Hinzu kommt noch ein weiterer Faktor, zumindest für unser Haus: Wir sind ja in erster Linie ein Versicherungskonzern, kein als Versicherung getarnter Asset-Manager. Die Kapitalanlage ist für uns ein Derivat des Versicherungsgeschäfts, damit wollen wir ein bisschen Rahm abschöpfen. Im Kerngeschäft muss der Konzern jedoch vor allem sein versicherungstechnisches Ergebnis einfahren. Ich kann hier nur für den Talanx-Konzern sprechen. Deshalb können wir etwas restriktiver unterwegs sein. Versorgungswerke stehen auf der Anlageseite unter anderem Druck.
DR. THOMAS MANN Grundsätzlich wollen wir den Anteil von Fixed-Income langfristig weiter zurückfahren – im Rahmen des regulatorisch Machbaren. Illiquide Sachwerte sind nach unserer Einschätzung eine gute Alternative, da sie auskömmliche Renditen erzielen sowie regelmäßige, weitgehend stabile Cashflows generieren können. Und gleichzeitig sind sie weniger volatil als zum Beispiel Aktien.
Wir fahren dabei zweigleisig: Grundsätzlich investieren wir über Fondsstrukturen in Real Assets. Bei Immobilien und Infrastruktur setzen wir allerdings zusätzlich auf Direktinvestments. Speziell im Bereich Infrastruktur können wir auf eine langjährige Expertise zurückblicken. So können wir schnell und geschickt wachsen, ohne die Risiken aus dem Blick zu verlieren und bei jedem Preis mitzugehen. Unsere Größe ist auch hierbei von Vorteil. Für kleinere Wettbewerber kommen Direktinvestments oftmals gar nicht mehr infrage.
DR. THOMAS MANN Daran, dass die Komplexität in der Kapitalanlage deutlich gestiegen ist. Eine Immobilie oder ein Infrastruktur-Asset zu kaufen, im Bestand zu halten und zu verwalten, ist etwas anderes, als sich eine Staatsanleihe ins Depot zu legen. Da sind Prozesse in der Marktfolge, im Risikomanagement und im Reporting erforderlich, die kannten früher nur die Kollegen aus den Kreditinstituten. Bei einem Fonds lagert man diesen Aufwand zumindest teilweise aus. Zudem kann man über Fonds ganz anders diversifizieren, was gerade für kleinere Portfolios ein wichtiges Argument ist. Auch wir setzen auf Fonds, bei welchen wir glauben, das können die spezialisierten Fondsmanager besser als wir selbst – zum Beispiel bei Private Equity.
DR. THOMAS MANN Das ist natürlich ein wichtiges Thema, bei dem wir uns unserer Verantwortung stellen müssen und wollen. Wir planen, bis 2025 den CO2-Anteil am Portfolio um ein Drittel zu reduzieren. Aber offen gesprochen: Aktuell stellt es für uns einen regulatorischen Aufwand dar. Der Gesetzgeber darf den Bogen mit neuen Anforderungen nicht überspannen. So schnell kommen wir mit der Umsetzung kaum hinterher. Zudem sprechen wir hierbei über ein gewaltiges Datenmanagement, das bei liquiden Assets noch irgendwie umsetzbar ist, doch bei Real Assets an seine Grenzen stößt.
In nächster Zeit wird es deshalb eine Herausforderung sein, den Spagat zwischen Nachhaltigkeit und Rendite zu meistern. Wie sich das Verhältnis von ESG und Rendite langfristig entwickeln wird, wage ich jedoch nicht zu prognostizieren. Gut möglich, dass nachhaltige Investments schon bald die Renditetreiber sein werden.
DR. THOMAS MANN Widerstandsfähig ist ein Investment, wenn ich nach zehn Jahren nichts abschreiben musste. Wie weiß ich das vorher? Diversifikation ist ein ausschlaggebendes Kriterium, ebenso eine fachkundige Assetauswahl und ein Ankauf zu einem adäquaten Preis. Als Risikofaktor oftmals unterschätzt – in meinen Augen jedoch substanziell – ist zudem die Vertragsgestaltung, also somit letztlich die Governance. An einer konkreten Assetklasse jedoch kann ich Resilienz oder Widerstandsfähigkeit nicht allein festmachen.