Future Asset Allocation
Avantgarde mit engen Quoten
Versorgungswerke sind anderen Investorengruppen beim Umbau der Portfolios weit voraus. Auch in Sachen Nachhaltigkeit gehören sie zur Avantgarde.
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Keine Investorengruppe hat ihre Kapitalanlage auch nur annähernd so stark diversifiziert wie die Gruppe der Versorgungswerke. Dabei haben sie ihre Allokation in Sachwerte so weit erhöht, dass sie teilweise bereits an regulatorische Grenzen stoßen. Dennoch ist der Portfolioumbau noch nicht beendet, die Suche nach Rendite geht für die Versorgungswerke weiter. Dies erläutert Julian Eidt, Spezialist für Versorgungswerke bei Wealthcap.
Vorreiter bei der Portfolioumschichtung
Keine Investorengruppe hat in den vergangenen Jahren die Anpassung der Asset Allocation so entschlossen vorangetrieben wie die Versorgungswerke. Der Anteil direkt gehaltener Anleihen (Rentendirektquote) sank zwischen 2013 und 2020 von mehr als 45 % auf weniger als 25 % – der kleinste Anteil aller Investorengruppen. Einschließlich Rentenfonds betrug die Quote 2020 etwa 45 %. Zum Vergleich: Bei Lebensversicherungen lag die Rentendirektquote im Jahr 2020 noch bei 44 %, die gesamte Anleihequote sogar bei seit 2013 nur moderat verringerten 75 % (jeweils zuzüglich 7 % Hypothekendarlehen). Dazu mehr.
Versorgungswerke schichten sukzessive um: Die Aktienquote stieg auf annähernd 18 %, was der höchsten Quote unter den betrachteten Investorengruppen entspricht. Die Immobilienquote betrug Ende 2020 rund 20 %, auch dies ist mehr als bei jeder anderen Investorengruppe. Auch in den Assetklassen Private Equity, Private Debt und Infrastruktur liegen Versorgungswerke relativ weit vorne. Insgesamt lag die Allokation in Alternatives ohne Immobilien bei fast 14 %. Damit stellen sie unter den institutionellen Investoren eine Avantgarde dar, von deren Portfolioallokationen andere Investorengruppen noch weit entfernt sind.
Quelle: GAC, Angaben zu Kirchen/Stiftungen und Kreditinstituten auf Basis einer Auswahl mit detaillierten Angaben
Sind Versorgungswerke also grundsätzlich risikoaffiner als andere Investorengruppen? „Im Einzelnen vielleicht, aber in Summe sind vor allem zwei Faktoren dafür verantwortlich: Zum einen besteht bei Versorgungswerken häufig ein höherer Renditedruck, da ihr verwendeter Rechnungszins in der Regel deutlich über dem Garantiezins der Lebensversicherer liegt. Auf der anderen Seite können sie größere Volatilität aushalten, da sie keine Garantien aussprechen, sondern den kalkulatorischen Rechnungszins über einen längerfristigen Zeitraum im Durchschnitt erzielen müssen. So können sie regulatorische Spielräume besser ausnutzen“, sagt Julian Eidt von Wealthcap.
Die regulatorischen Grenzen werden als größte Herausforderung wahrgenommen
Versorgungswerke unterliegen dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Für ihre Kapitalanlage müssen sie die Quotenregelungen gemäß Anlageverordnung (AnlV) beachten. Für Immobilieninvestments gilt zum Beispiel eine regulatorische Höchstquote von 25 %. „Diese haben manche Versorgungswerke schon erreicht, schließlich liegt ihr Immobilienanteil ja bereits im Durchschnitt bei rund 20 %“, sagt Eidt. Doch die Bandbreite ist groß, einzelne Versorgungswerke liegen bei gerade einmal 5 %. „Da ist dann natürlich noch Luft nach oben.“
Der weit vorangeschrittene Umbau der Asset Allocation bei den Versorgungswerken macht sich auch in der Civey-Umfrage im Rahmen der Studie „Future Asset Alllocation – Resilienz in der Kapitalanlage“ bemerkbar. Die Niedrigzinsen sehen demzufolge nur 12 % der Befragten als größte Herausforderung in den kommenden Jahren – viel weniger als bei anderen Investorengruppen. 47 % hingegen beantworten diese Frage mit der Regulierung – und damit dürfte nicht zuletzt die Anlageverordnung gemeint sein.
Suche nach Rendite geht weiter
Der Renditedruck bleibt bestehen, auch bei den Versorgungswerken. Überdurchschnittliche 32 % geben an, mit ihrer aktuellen Allokation ihre Zielrenditen in den nächsten drei bis fünf Jahren nicht erfüllen zu können. Über alle Investorengruppen hinweg erwartet im Schnitt knapp ein Viertel, die Ziele nicht zu erreichen. Die Suche nach Rendite geht für Versorgungswerke weiter. Immobilien und vor allem erneuerbare Energien spielen beim Aufbau eines resilienten Real-Asset-Portfolios eine Rolle, wie die Umfrage ergab.
Am Puls von Energiewende und Nachhaltigkeit
Versorgungswerke verstehen mehr als jede andere Investorengruppe das Thema Nachhaltigkeit und ESG als größte Investmentchance der kommenden Jahre: 34 % gaben dies in der Civey-Umfrage an. Damit sind die Versorgungswerke auch bei diesem Zukunftsthema eindeutige Vorreiter. Und sie setzen dies auch am konsequentesten um: 24 % wollen vor allem im Bereich erneuerbare Energien ihr Exposure an illiquiden Assets ausweiten. „Im Immobilienbereich werden deshalb Faktoren wie Energieeffizienz und Nachhaltigkeit zum unverzichtbaren Investmentkriterium“, sagt Eidt. „Ein breit gestreutes Portfolio aus Erneuerbare-Energien-Investments und ‚Green Buildings‘ ist über Direktinvestments jedoch kaum darstellbar.“
Quelle: Repräsentative Online-Umfrage unter institutionellen Investoren, n=480„ Umfragezeitraum: 20.05.2021-09.08.2021, Frage: In welche dieser illiquiden Real Assets wollen Sie für das Investmentportfolio Ihres Unternehmens in den nächsten drei bis fünf Jahren stärker investieren? Mehrfachantwort möglich, keine Angabe: 18,0%
Ausbau des Immobilienfondsvolumens
Deshalb ist es nur konsequent, dass der Ausbau auch des Immobilienportfolios in den vergangenen Jahren fast ausschließlich über Fonds erfolgte. „Offenbar waren Fonds das bevorzugte Vehikel für die massive Ausweitung des Immobilien-Exposures von Versorgungswerken in den vergangenen Jahren“, erläutert Eidt. Das Volumen in Immobilienfonds stieg zwischen 2009 und 2020 von 5,8 Milliarden auf 42,3 Milliarden Euro. „Ein Teil davon ist zwar auch auf die Einbringung von Direktbeständen in Fondsvehikel zurückzuführen, doch es ist schon bemerkenswert, wenn ein zweistelliger Milliardenbetrag allein von deutschen Versorgungswerken in den vergangenen Jahren in Immobilienfonds geflossen ist“, stellt Julian Eidt von Wealthcap fest.
Quelle: GAC