Immo­bilien
Ar­ti­kel • 2019-10-22

Future Re­tail

Der Handel muss zum Kun­den

Frü­her kam der Kun­de zum Handel. Heu­te sucht der Handel den Weg zum Kun­den. Doch was be­deu­tet das für Handels­immobilien und so­mit für Sie als In­ves­tor?

Le­se­zeit: 8 Mi­nu­ten
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Wie soll­ten sich Ein­zel­händ­ler po­si­tio­nie­ren, um an­ge­sichts des ra­san­ten Wan­dels in den Ein­kaufs- und Kon­sum­ge­wohn­hei­ten wett­be­werbs­fä­hig zu blei­ben? Warum funk­tio­nie­ren hip­pe Ein­zel­han­dels­kon­zep­te nicht an je­dem Stand­ort? Und was sind die Kon­se­quen­zen für Handels­immobilien und Im­mo­bi­li­en­in­ves­to­ren? Ge­nau das dis­ku­tier­ten BBE-Ge­schäfts­füh­rer Joa­chim Stumpf, The­re­sa Schlei­cher vom Zu­kunfts­in­sti­tut und Wealth­cap Ge­schäfts­füh­re­rin Ga­brie­le Volz im Rah­men des Wealth­cap Busi­ness Dia­logs wäh­rend der Ex­po­Re­al 2019. Da­mit be­schäf­tigt sich auch die nun ver­öf­fent­lich­te Wealth­cap Stu­die „Future Re­tail. DNA des Er­fol­ges. Das Er­folgs­ge­heim­nis zu­kunfts­star­ker Han­dels­stand­or­te“.

Ge­sell­schaft­li­che Me­ga­trends ver­än­dern nach­hal­tig un­ser Ein­kaufs- und Kon­sum­ver­hal­ten. Die Di­gi­ta­li­sie­rung und die da­mit wach­sen­de Be­deu­tung des E-Com­mer­ce ist nur ei­ner die­ser Trends, wenn auch ein be­deu­ten­der. „Ein wei­te­rer Me­ga­trend ist die wie­der er­stark­te Ur­ba­ni­sie­rung“, sagt The­re­sa Schlei­cher, Trend­for­sche­rin vom Zu­kunfts­in­sti­tut in Frank­furt am Main. „Vie­le Men­schen zieht es zu­rück in die gro­ßen Städ­te – und zwar be­vor­zugt in die ur­ba­nen In­nen­stadt- und Grün­der­zeit­quar­tie­re.“

Dort er­war­te­ten sie eine gro­ße Viel­falt auf klei­nem Raum und kur­ze Wege. Wei­te Fahr­ten zum Ein­kau­fen wür­den sel­te­ner ak­zep­tiert, das ei­ge­ne Auto ver­lie­re an Be­deu­tung. Die Aus­wir­kung auf den Ein­zel­han­del: „Über Jahr­zehn­te lau­te­te die Schlüs­sel­fra­ge: Wie kommt der Kun­de zum Handel? Sei es die Ein­kaufs­stra­ße in der In­nen­stadt, die Shop­ping Mall oder das Fach­markt­zen­trum am Stadt­rand: Die Pkw-Ver­kehrs­an­bin­dung und die Zahl der Park­plät­ze wa­ren die ent­schei­den­den Er­folgs­fak­to­ren. Doch jetzt lau­tet die Schlüs­sel­fra­ge im­mer häu­fi­ger: Wie kommt der Handel zum Kun­den?“ Das gel­te zum ei­nen für den E-Com­mer­ce und die Fra­ge der letz­ten Mei­le bei der lo­gis­ti­schen Ab­wick­lung, aber auch für den sta­tio­nä­ren Ein­zel­han­del, wie The­re­sa Schlei­cher be­ob­ach­tet.

Das idea­le Han­dels­kon­zept muss zu­erst zum Stand­ort pas­sen

Joa­chim Stumpf, Ge­schäfts­füh­rer der BBE Han­dels­be­ra­tung, teilt die­se grund­sätz­li­che Auf­fas­sung. Zwar schränkt er et­was ein: „Das gilt al­ler­dings nicht für jede Stadt und Lage. Auch ein Fach­markt­zen­trum oder ein SB-Wa­ren­haus auf der grü­nen Wie­se kann er­folg­reich sein, wenn Sor­ti­ment und Ein­kaufs­er­leb­nis zum Um­feld und dem Kun­den­po­ten­zi­al pas­sen.“ Der Trend geht je­doch zu ur­ba­nen La­gen, die von ei­nem gro­ßen Kun­den­po­ten­zi­al schnell und ein­fach zu er­rei­chen sind – sei es zu Fuß, mit dem Fahr­rad oder dem öf­fent­li­chen Nah­ver­kehr. Je kurz­fris­ti­ger der Be­darf, wie bei Le­bens­mit­teln oder Dro­ge­rie­ar­ti­keln, des­to stär­ker ist die­ser Trend.

Han­dels­flä­chen für Ar­ti­kel des mit­tel- und län­ger­fris­ti­gen Be­darfs, bei­spiels­wei­se im Tex­til­ein­zel­han­del, ste­hen je­doch un­ter ei­nem be­son­ders ho­hen An­pas­sungs­druck durch den E-Com­mer­ce-Boom. Die gro­ßen sta­tio­nä­ren Händ­ler kon­zen­trie­ren sich zu­meist auf die High Street in der In­nen­stadt oder die grö­ße­ren Shop­ping-Malls. Ent­spre­chend fal­len für ei­nen Groß­teil der po­ten­zi­el­len Kund­schaft nen­nens­wer­te An­fahrts­we­ge an. Da­für er­war­ten vie­le Kun­den dann auch ein ganz be­son­de­res Ein­kaufs- und Auf­ent­halts­er­leb­nis. Dies zu bieten ist eine mög­li­che Stra­te­gie, um ge­gen die On­line-Händ­ler dau­er­haft wett­be­werbs­fä­hig zu blei­ben und die Kun­den da­von zu über­zeu­gen, lan­ge Wege in Kauf zu neh­men. Doch auch hier heißt es, ge­nau­er hin­zu­se­hen, meint Joa­chim Stumpf. „Hip­pe Han­dels­kon­zep­te funk­tio­nie­ren nur an den pas­sen­den Stand­or­ten, eher in der Groß­stadt als auf dem Land.“

Wie im­mer zäh­le auch für Handels­immobilien an ers­ter Stel­le die Lage, un­ter­streicht Stumpf. „Ge­ra­de in Zei­ten des Um­bruchs trennt sich die Spreu vom Wei­zen. Mit­un­ter machen nur we­ni­ge Me­ter den Un­ter­schied zwi­schen Er­folg und Miss­erfolg ei­nes Han­dels­ob­jekts aus.“ Eine ent­spre­chen­de Ex­per­ti­se des In­ves­tors be­zie­hungs­wei­se sei­nes In­vest­ment-Ma­na­gers sowie eine ge­naue Ana­ly­se von Ein­zel­han­dels­stand­or­ten bis in die Mi­kro­la­ge hin­ein sind mit­hin un­ver­zicht­bar. Hin­zu kommt je­doch noch ein wei­te­res Re­zept für mög­lichst gro­ße Wett­be­werbs- und Zukunfts­fähig­keit ei­ner Han­dels­im­mo­bi­lie: Fle­xi­bi­li­tät.

Fle­xi­bi­li­tät ist das Pa­tent­re­zept ge­gen Leer­stand

Je grö­ßer der po­ten­zi­el­le Nut­zer- be­zie­hungs­wei­se Mie­ter­kreis ei­ner Fläche, des­to nied­ri­ger das Leer­stand­ri­si­ko. Das kann zum ei­nen be­deu­ten, in schwie­ri­gen Fäl­len über eine Al­ter­na­tiv­nut­zung wie zum Bei­spiel Lo­gis­tik, Büro oder ein Fit­ness­stu­dio nach­zu­den­ken. „Zum an­de­ren stel­len wir aber auch fest, dass sich zu­neh­mend Ak­teu­re um hoch­wer­ti­ge Flächen be­mü­hen, die wir vor ei­ni­gen Jah­ren noch nicht am Han­dels­im­mo­bi­li­en­markt ge­se­hen ha­ben“, er­klärt Joa­chim Stumpf und ver­weist ex­em­pla­risch auf zahl­rei­che Pre­mi­um-Au­to­mo­bil­her­stel­ler wie Daim­ler oder Tes­la, die in der High Street re­prä­sen­ta­ti­ve Show­rooms er­öff­net ha­ben. Für sol­che Zwe­cke muss die Fläche na­tür­lich ge­eig­net sein. Doch der Ver­mie­ter soll­te al­ter­na­ti­ven Kon­zep­ten ge­gen­über eben­falls of­fen sein und sich nicht all­zu stark auf den klas­si­schen Ein­zel­han­del be­schrän­ken.

Mar­ken­prä­sen­ta­ti­on sowie Ver­zah­nung von On­line und Off­line

„Ein­zel­han­dels­flä­chen die­nen längst nicht mehr nur dem rei­nen Wa­ren­ver­kauf, son­dern im­mer stär­ker auch der Mar­ken­prä­sen­ta­ti­on – ganz un­ab­hän­gig da­von, ob der Um­satz dann auf der Fläche ge­schieht oder an an­de­rer Stel­le“, be­stä­tigt The­re­sa Schlei­cher. Gleich­zei­tig schrei­tet die Ver­zah­nung von On­line und Off­line – die Zu­kunfts­for­sche­rin spricht in vie­len Fäl­len be­reits von ei­ner „Sym­bio­se“ – zü­gig vor­an. Ob sich da­bei ein sta­tio­nä­rer Händ­ler in die Welt des In­ter­nets wagt oder um­ge­kehrt ein On­line-Händ­ler ers­te Fi­lia­len er­öff­net, unter­scheidet sich da­bei ge­nau­so von Fall zu Fall wie die Ant­wort auf Fra­ge, ob der Ver­brau­cher sich erst im In­ter­net in­for­miert und dann sta­tio­när ein­kauft oder um­ge­kehrt „Be­ra­tungs­raub“ im sta­tio­nä­ren Handel be­geht, um an­schlie­ßend on­line zu be­stel­len.

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Future Re­tail - DNA des Er­fol­ges. Er­folgs­ge­heim­nis zu­kunfts­star­ker Han­dels­stand­or­te

Sha­ring Economy, Mo­bi­li­täts­wen­de, Ur­ba­ni­sie­rung: Im Sog die­ser und wei­te­rer Me­ga­trends be­fin­det sich der Ein­zel­han­del in ei­ner tief­grei­fen­den Trans­for­ma­ti­on. Der sta­tio­nä­re Ein­zel­han­del wird sich in ei­ner di­gi­ta­li­sie­ren Welt be­haup­ten – die Fra­ge ist nur, wie und wo. Die Er­folgs­fak­to­ren ha­ben wir ge­mein­sam mit den Spe­zia­lis­ten der BBE Han­dels­be­ra­tung und wei­te­ren Fach­leu­ten aus Wirt­schaft, Wis­sen­schaft und Praxis un­ter­sucht. Das Er­geb­nis ist die Wealth­cap Stu­die „Future Re­tail – DNA des Er­fol­ges. Er­folgs­ge­heim­nis zu­kunfts­star­ker Han­dels­stand­or­te“ mit dem spe­zi­ell ent­wi­ckel­ten Wealth­cap Scoring.

Nach­hal­tig­keit nicht un­ter­schät­zen

Wo liegt das größ­te Feh­ler­po­ten­zi­al für Ein­zel­händ­ler und In­ves­to­ren? The­re­sa Schlei­cher ist sich si­cher: „Das The­ma Nach­hal­tig­keit zu un­ter­schät­zen.“ Der Tex­til­han­del wer­de sich von der „Fast Fashion“-Welle ver­ab­schie­den müs­sen, im Le­bens­mit­tel­han­del wür­den die Gren­zen zwi­schen kon­ven­tio­nel­len Su­per­märk­ten, Dis­coun­tern und Bio-Märk­ten zu­neh­mend ver­schwim­men. Auch mit Blick auf die Im­mo­bi­lie wach­sen die An­for­de­run­gen: Der klas­si­sche ein­stö­cki­ge Dis­coun­ter mit gro­ßem Park­platz oder die weit­läu­fi­gen SB-Wa­ren­häu­ser und Fach­markt­zen­tren sind auf­grund ihres ho­hen Flä­chen­ver­brauchs in vie­len Kom­mu­nen nicht mehr gern ge­se­hen. Hier sind al­ter­na­ti­ve Konzepte ge­fragt. Zu­gleich ist ge­ra­de das The­ma Nach­hal­tig­keit auch eine Chan­ce für den Ein­zel­han­del: „Die Nach­fra­ge nach lo­kal und nach­hal­tig pro­du­zier­ten hoch­wer­ti­gen Pro­duk­ten wächst“, sagt Joa­chim Stumpf – eine Bot­schaft, die dem lo­ka­len Fach­han­del lang­fris­tig gute Aus­sich­ten be­schert, so­fern die Lage und Er­reich­bar­keit stim­men.

Bei al­len Heraus­forde­rungen stel­len Ein­zel­han­dels­im­mo­bi­li­en nach wie vor eine at­trak­ti­ve As­set­klas­se für In­ves­to­ren dar. Al­ler­dings gilt es – mehr noch als bei an­de­ren Nut­zungs­ar­ten – sehr ge­nau hin­zu­schau­en. Vie­le Ge­schäfts­mo­del­le, die frü­her prak­tisch Selbst­läu­fer wa­ren, funk­tio­nie­ren nicht mehr von al­lein und sind des­halb kri­tisch zu hin­ter­fra­gen. Gleich­zei­tig ent­ste­hen neue Ideen und Stra­te­gien, äl­te­re Ge­schäfts­mo­del­le wer­den neu ent­deckt. „Ein pau­scha­les Er­folgs­re­zept für eine so he­te­ro­ge­ne Bran­che wie den Ein­zel­han­del kann es nicht ge­ben“, sagt Wealth­cap Ge­schäfts­füh­re­rin Ga­brie­le Volz. Für ein er­folg­rei­ches In­vest­ment kom­me es des­halb auf De­tail­kennt­nis und Ana­ly­se­kom­pe­tenz an.

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