Immobilien-Bewertung
Eine Frage der Bewertung
Die Corona-Krise wirft ein Schlaglicht auf die Immobilienbewertungen. Wird es zu Abwertungen kommen?
Die Bewertungen von Immobilien-Investments kannten über viele Jahre nur eine Richtung: aufwärts. Doch eine Virus-Pandemie scheint den Aufschwung jäh zu stoppen: COVID-19. Was bedeutet die Corona-Krise für die Immobilienbewertung? Lesen Sie, wie Wealthcap Geschäftsführer Dr. Rainer Krütten diese Schlüsselfrage im Webinar des Heuer-Dialog am 26. Mai beantwortete.
Corona ist ein „Schwarzer Schwan“ – ein zuvor als sehr unwahrscheinlich geltendes und daher völlig unerwartetes Ereignis, das nun doch eingetreten ist. Eine weltweite Pandemie, die große Teile der Wirtschaft lahmlegen würde – auf dieses Szenario war in der Immobilienwirtschaft niemand ernsthaft vorbereitet. Es gibt aus der jüngeren Vergangenheit auch keine historischen Erfahrungswerte, an die man anknüpfen könnte. Einige Immobilien-Nutzungsarten sind sehr stark von der Krise und dem Lockdown in vielen Ländern betroffen, andere erweisen sich zum jetzigen Zeitpunkt (Ende Mai 2020) als robuster. Im Vergleich zu anderen Assetklassen wie Aktien haben sich Immobilien bislang in der Krise generell als wertstabiler erwiesen. Dennoch stellt sich nun die Frage, ob die Krise Auswirkungen auf die Bewertung von Immobilien haben wird. Droht wegen Corona eine flächendeckende empfindliche Abwertung?
Tatsache ist, dass die meisten Immobilienmärkte in Deutschland und vielen anderen Ländern in den vergangenen Jahren fast kontinuierlich deutliche Wertsteigerungen verzeichnet haben. Das gilt in absoluten Zahlen (Preis je Quadratmeter) ebenso wie in Relation zu den Mieteinkünften: Die Kaufpreisvervielfältiger („Multiples“) sind deutlich gestiegen, als Kehrwert waren die Ankaufsrenditen rückläufig. Dafür gab es vielfältige Ursachen: die Niedrigzinsphase, der Anlagedruck durch Investoren, die gute und stabile konjunkturelle Entwicklung, der anhaltende Zuzug in die Städte und vieles mehr. Die Frage lautet deshalb, ob infolge der Corona-Krise nun Wertkorrekturen notwendig sind, die auch auf die Bewertung von Immobilienfonds durchschlagen könnten.
Warum derzeit keine pauschalen Abwertungstendenzen zu erkennen sind
Wealthcap Geschäftsführer Dr. Rainer Krütten bleibt für den deutschen Immobilienmarkt insgesamt und die Wealthcap-Fonds-Palette im Besonderen gelassen. Im Webinar „Schlüsselfrage Immobilienbewertung“ von Heuer-Dialog erläuterte er am 26. Mai 2020 die aus seiner Sicht wichtigsten Gründe, warum zum jetzigen Zeitpunkt keine pauschalen Bewertungskorrekturen am Immobilienmarkt zu befürchten sind:
- Derzeit ist die Zahl der Transaktionen krisenbedingt deutlich zurückgegangen. Viele Transaktionen wurden verschoben, gleichzeitig werden nur wenige neue Transaktionen vereinbart. Deshalb lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt noch keine substanziellen Veränderungen der Verkehrswerte feststellen – und damit auch kein Anlass für generelle Wertberichtigungen. Das sehen auch unsere Gutachter so.
- Das Zinsumfeld im Euroraum wird sich in absehbarer Zeit nicht nennenswert verändern. Der risikolose Zins – etwa für deutsche Staatsanleihen – wird weiterhin um die Nulllinie pendeln und real (inflationsbereinigt) deutlich darunter liegen. Daher müssen zur Immobilienbewertung zinsbedingt keine pauschal höheren Renditen zugrunde gelegt werden, was rein rechnerisch Abwertungen zur Folge hätte.
- Das unveränderte Zinsumfeld vorausgeschickt könnten auch höhere Risikoprämien für Immobilieninvestments im Vergleich zum risikolosen Zins zu Wertkorrekturen führen. Hierbei gilt es zu differenzieren: Bei Wohnimmobilien deutet sich sogar eine sinkende Risikoprämie an, während diese Überlegung für einige andere Nutzungsarten wie Einzelhandel oder Hotels im Einzelnen zutreffen kann. Doch auch das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht pauschal feststellen, sondern allenfalls im Einzelfall. Andererseits sind Immobilien gerade in Krisen oftmals als sichere Häfen gesucht.
Warum geschlossene Fonds derzeit weniger anfällig sind
Auf Fondsebene sieht Wealthcap aktuell keine akuten Abwertungstendenzen, wie Dr. Rainer Krütten weiter erläutert und dafür folgende Gründe anführt:
- Wealthcap hat viele hochwertige Core-Immobilien in A-Lagen der größten Städte im Portfolio. Solche Top-Objekte dürften weniger anfällig für Krisensituationen sein.
- Zudem verfolgt Wealthcap grundsätzlich konservative Bewertungsansätze. Deshalb gibt es bei vielen Fondsobjekten Bewertungsreserven, die notfalls als Puffer wirken, wenn im Einzelfall doch eine Abwertung notwendig sein sollte.
- Alle Fonds weisen ausreichende Liquiditätspolster auf, um kurzfristige Mietausfälle zu kompensieren und gleichzeitig die mit den Fremdkapitalgebern vereinbarten Zins- und Tilgungsraten regelmäßig zu bedienen. Liquidität ist auch in geschlossenen Fonds kein Luxus, sondern ein Wert an sich.
- Sollte es wider Erwarten in einzelnen Fonds dennoch zu kurzfristigen Abwertungen kommen, hat dies für die beteiligten Investoren informativen Charakter: Da es sich um geschlossene Fonds handelt, muss eine Liquidation nicht in einer ungünstigen Marktlage erfolgen. Es müssen keine kurzfristigen Verluste realisiert werden.
- Wealthcap unterzieht seine geschlossenen Fonds regelmäßig einem Stresstest, um insbesondere die Auswirkungen deutlicher Abwertungen auf die Fähigkeit zur Bedienung des Fremdkapitals zu analysieren. Selbst bei Szenarien mit Bewertungseinbrüchen um 40 Prozent sind keine theoretischen Zahlungsstörungen aufgetreten.
- Angesichts der Corona-Krise und des Lockdowns kommt es in manchen Fällen zu temporären Mietausfällen. Als treuhänderisch verpflichteter Vermögensverwalter wägt der Fondsmanager in jedem konkreten Fall ab, was die beste Lösung im Sinne des Anlegers ist.
„Eine außerplanmäßige Neubewertung unserer Immobilien-Assets ist derzeit weder notwendig noch sinnvoll. Inwieweit eine Neubewertung notwendig wird unterliegt aber einer laufenden Überprüfung.“, sagt Dr. Rainer Krütten. Das gelte sowohl für Direkt- als auch für Fondsinvestments. Auch bei den turnusmäßigen Bewertungen zeigten sich bisher noch keine Auffälligkeiten, so Krütten weiter. Freilich könne zum jetzigen Zeitpunkt niemand mit Sicherheit sagen, wie sich die Corona-Krise weiter entwickeln werde. „Ich habe keine Glaskugel“, so Krütten. „Aber ich denke: Bei Wealthcap und damit unsere Anleger sind in einer recht komfortablen Situation.“