Logistik Handelsimmobilien
Santa und die Herausforderungen der letzten Meile
Logistic meets Retail. Die Digitalisierung bringt beides zusammen. Doch das muss auch klappen. Erfahren Sie in unserer Reihe #FutureRetail, was Investoren beachten sollten.
Für Familien sind es besinnliche Tage unterm Tannenbaum, für Verkäufer und Lieferboten die anstrengendste Zeit des Jahres: Weihnachten ist für den Handel die wichtigste Saison. Rund 15 Prozent des Jahresumsatzes werden zwischen November und Neujahr generiert, bei den Spielwarenhändlern sind es sogar 25 Prozent. Damit Spielzeuge für leuchtende Kinderaugen sorgen, müssen diese aber erst einmal ins traute Heim gelangen, und genau dort fangen die Probleme an. Das gilt besonders dann, wenn die Geschenke nicht (Vorsicht: Spoiler-Alarm!) von den Eltern, sondern dem Paketboten nach Hause geliefert werden.
Weihnachtsgeschäft bringt mehr als 100 Milliarden Euro
Umsätze im deutschen Weihnachtsgeschäft in den Jahren 2005 bis 2019
Quelle: HDE-Berechnungen auf Basis des Statistischen Bundesamt; HDE-Prognosen; ohne Umsatzsteuer.
Warum, das hat 2019 Prof. Dr. Stephan Seeck von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin gezeigt. Seeck befragte in seiner Stichprobe 14 Tage lang Vielbesteller (Heavy User), wie diese die Anlieferung ihrer Bestellware daheim erlebten. Um das Ergebnis zusammenzufassen: Die gängige Vorstellung einer bequemen und schnellen Paketzustellung ist – zumindest in Großstädten – eine Wunschvorstellung. Nur rund 20 Prozent der Befragten erhielten ihr Paket direkt an der Haustür, bei fast 50 Prozent von ihnen war das die absolute Ausnahme. 30 Prozent der Befragten bekamen ihr Paket nur manchmal direkt geliefert. Fast immer mussten die Kunden den Gang zum Nachbarn, ihrer Postfiliale oder den Spätkauf ein paar Straßen weiter auf sich nehmen, um ihr Paket selbst abzuholen. Besonders bitter: Rund 80 Prozent der befragten Privatkunden wurden in der Vergangenheit auch dann nicht direkt beliefert, wenn sie zu Hause waren und die Tür hätten aufmachen können. Das Problem könnte sich weiter verschärfen, weil bereits jetzt rund 40.000 benötigte Fahrer für den Paketversand fehlten. Doch auch mit diesen zusätzlichen Arbeitskräften wäre vermutlich niemandem geholfen: Mehr Fahrer bedeuten mehr Lieferautos. Mehr Lieferautos bedeuten noch mehr Verkehr auf den Straßen und, besonders störend, mehr Parken in der zweiten Reihe.
Und damit kommen wir zum eigentlichen Kern des Problems: die sogenannte letzte Meile. In der innerstädtischen Logistik ist die letzte Meile das härteste (und teuerste) Stück der Wegstrecke vom Warenlager zur Türschwelle des Kunden. Das liegt daran, dass Warensendungen so gebündelt werden müssen, dass jedes Einzelpaket auf einem möglichst kurzen und schnellen Weg zum jeweiligen Empfänger gelangt. Und ist der Empfänger gerade nicht vor Ort, muss die Zustellung eben wieder zum Lager zurückgebracht oder woanders hingebracht werden.
Das es auch anders geht, lässt sich in München beobachten. Seit August 2016 bietet der größte Online-Händler Deutschlands dort für bestimmte Artikel eine Auslieferung noch am selben Tag an. Das Besondere daran: An der Verteilung der Pakete ist, anders als klassischerweise der Fall, nicht ein Logistiklager beteiligt, sondern zwei. In Daglfing direkt am Münchner Autobahnring betreibt das Unternehmen weiterhin ein klassisches Fulfillment-Center außerhalb der Stadt mit rund 6.000 Quadratmeter Lagerfläche, das als großes Warendrehkreuz dient. Statt die Waren jedoch mit unzähligen Autos vom Stadtrand ins viel zu enge Zentrum zu bringen und Verkehr zu verursachen, werden die Bestellungen erst einmal in eine Verteilstation in der zentral gelegenen Hopfenpost, einer gemischt genutzten Einzelhandelsimmobilie mit Lager- und Verteilflächen, gebracht. Die Belieferung auf der letzten Meile erfolgt von dort an nicht mehr motorisiert und über längere Strecken vom Stadtrand aus, sondern durch Lastenfahrräder mit Elektroantrieb. Der Kunde kann die Route seiner Bestellung direkt online verfolgen.
Fazit für Investoren
An diesem Beispiel zeigt sich, wie Immobilieninvestoren vom Wachstum des Online-Handels profitieren können: Um den wachsenden Bedürfnissen ihrer Kunden gerecht werden zu können, setzen die Online-Händler auf City-Logistik-Konzepte, die immer dezentraler organisiert sind. Die Folge: Die Anzahl der Lieferautos im Stadtzentrum sinkt, dafür steigt der Bedarf an flexibel nutzbaren Handelsimmobilien, die als keine Fulfillment-Center dienen. Diese stehen an Orten, die so zentral liegen, dass sie eine klassische Logistiknutzung wie am Stadtrand nicht zulassen. Die Entlastung des Innenstadtverkehrs wäre dann nicht nur ein Segen für Kinder, die sehnsüchtig auf ihre Genschenke warten, sondern auch für die Boten, die diese bringen. Mit einem Schlitten vom Nordpol kämen sie zwar nicht herangeflogen. Genauso umweltfreundlich, zuverlässig und schnell wäre die Lieferung aber allemal.
#FutureRetail
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