ESG Immo­bilien Zielfonds­investments
Ar­ti­kel • 2020-06-05

Nach­hal­ti­ge Investments

Trend oder Mo­de­er­schei­nung?

Wie wich­tig ist ESG als In­vest­ment­kri­te­ri­um bei in­sti­tu­tio­nel­len An­le­gern wirk­lich? Wir ha­ben bei Dr. Aris Aris­ti­dou, Ex­per­te für pro­fes­sio­nel­le In­ves­to­ren bei der Hypo­Vereinsbank, nach­ge­fragt.

Le­se­zeit: 4 Mi­nu­ten
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In Zei­ten des Kli­ma­wan­dels wird der Wil­le zur Nach­hal­tig­keit grö­ßer – auch bei In­ves­to­ren. Denn ob­wohl häu­fig noch kei­ne ge­setz­li­chen Re­gu­la­ri­en exis­tie­ren, set­zen sich ESG-Kri­te­ri­en im­mer mehr als Grund­la­ge für In­vest­ment-Ent­schei­dun­gen durch – über alle Markt­pha­sen hin­weg. Das be­stä­tigt auch Dr. Aris Aris­ti­dou. Er ist im Wealth Ma­nage­ment der Hypo­Vereinsbank für die Be­ra­tung in­sti­tu­tio­nel­ler In­ves­to­ren ver­ant­wort­lich.

Dr. Aris Aris­ti­dou

Lei­ter Wealth Ma­nage­ment pro­fes­sio­nel­le In­ves­to­ren, Hypo­Vereinsbank

Herr Dr. Aris­ti­dou, wel­che Er­war­tun­gen stel­len Ihre in­sti­tu­tio­nel­len Kun­den an Ihre Investments im Be­reich Real Assets? Was sind die wich­tigs­ten Zie­le?

Dr. Aris Aris­ti­dou: Wir be­treu­en ein sehr brei­tes Spek­trum an pro­fes­sio­nel­len In­ves­to­ren mit ganz un­ter­schied­li­chen An­for­de­run­gen und In­ves­ti­ti­ons­schwer­punk­ten. Ei­nes ha­ben aber die meis­ten Kun­den­pro­fi­le ge­mein­sam: Der An­la­ge­druck und die nied­ri­gen Zin­sen stei­gern die Nach­fra­ge nach al­ter­na­ti­ven In­vest­ment­for­men. Sach­wert-Investments wie Immo­bilien kön­nen ei­nen sta­bi­len Cash­flow in an­ge­mes­se­ner Höhe er­mög­li­chen. Frü­her hat­ten wir bei Ver­sor­gungs­wer­ken und Pen­si­ons­kas­sen eine Ver­tei­lung von un­ge­fähr 70-30: 70 Pro­zent An­la­gen in fest­ver­zins­li­che Wert­pa­pie­re und 30 Pro­zent in­di­rek­te Investments in Wert­pa­pie­re und Sach­wer­te. Das ist beim Neu­ge­schäft heut­zu­ta­ge prak­tisch um­ge­kehrt. Ge­ra­de Immo­bilien ste­hen hoch im Kurs.

Als in­sti­tu­tio­nel­ler In­ves­tor darf ich des­we­gen nicht nur die Ren­di­te be­ob­ach­ten, son­dern auch die Be­we­gung am Markt: Wenn sich zum Bei­spiel die Zin­sen in fünf oder sechs Jah­ren nach oben be­we­gen, wie be­we­gen sich dann die­se Assets am Ka­pi­tal­markt?

Warum spie­len ESG-Kri­te­ri­en – also Öko­lo­gie, So­zia­les und Unternehmens­führung – bei In­vest­ment-Ent­schei­dun­gen von In­sti­tu­tio­nel­len eine grö­ßer wer­den­de Rol­le?

Dr. Aris Aris­ti­dou: Für unsere in­sti­tu­tio­nel­len Kun­den ist das The­ma ESG auf ver­schie­de­nen Ebe­nen in­ter­es­sant. Wir mer­ken das an den Aus­schrei­bun­gen in den ver­schie­de­nen As­set­klas­sen – egal ob im Immo­bilien- oder Wert­pa­pier­be­reich. Sie möchten mehr und mehr wis­sen, ob der As­set Manager selbst ESG-kon­form agiert. Wich­tig ist, dass das The­ma kei­ne Mar­ke­ting­funk­ti­on dar­stellt, son­dern dass es kla­re Richt­li­ni­en gibt, die auch ein­ge­hal­ten wer­den. Bei Immo­bilien-Investments stellt sich vor al­lem die Fra­ge, wie nach­hal­tig das Gebäude er­rich­tet wur­de und wie res­sour­cen­scho­nend es be­trie­ben wer­den kann.

Das zeigt sich auch an der wach­sen­den Be­deu­tung von Zer­ti­fi­zie­run­gen. Bei Neu­bau­ten sind sie heut­zu­ta­ge schon fast eine Pflicht. Für In­ves­to­ren hat das auch wirt­schaft­li­che Grün­de: Sie wis­sen, dass sich zer­ti­fi­zier­te Immo­bilien bei ei­nem Exit schlicht­weg we­sent­lich bes­ser ver­kau­fen las­sen. Ein wei­te­res Ar­gu­ment: Wenn Zer­ti­fi­zie­run­gen hohe en­er­ge­ti­sche Stan­dards nach­wei­sen, wer­den we­ni­ger en­er­ge­ti­sche Sa­nie­run­gen und da­mit auch we­ni­ger Rück­stel­lun­gen fäl­lig.

Das heißt also, stren­ge ESG-Kri­te­ri­en und eine nach­hal­tig at­trak­ti­ve Ren­di­te sind kein Wi­der­spruch?

Dr. Aris Aris­ti­dou: Im Ge­gen­teil: Es gibt in­ter­es­san­te Pro­duk­te, die so­wohl ESG-kon­form sind und trotz­dem über­durch­schnitt­li­che Ren­di­ten bei ei­nem mo­de­ra­ten Ri­si­ko­pro­fil ab­wer­fen. Die Kom­bi­na­ti­on ist ent­schei­dend: Denn we­der ein nicht ESG-kon­for­mes Pro­dukt noch ein il­li­qui­des In­vest­ment mit null Pro­zent Ren­di­te fin­det In­ves­to­ren. Auf dem Markt gibt es sehr vie­le gute Al­ter­na­ti­ven, die wir unseren Kun­den mit gu­tem Ge­wis­sen an­bie­ten.

Gibt es denn we­sent­li­che Un­ter­schie­de zwi­schen den ein­zel­nen In­ves­to­ren­grup­pen be­züg­lich ihrer ESG-Ex­po­sures?

Dr. Aris Aris­ti­dou: Es gibt be­merk­ba­re Un­ter­schie­de. Bei In­sti­tu­tio­nen wie der Kir­che und kirch­li­chen Ein­rich­tun­gen oder bei ge­mein­nüt­zi­gen Stif­tun­gen ha­ben ESG-kon­for­me Pro­duk­te in der Fi­nanz­an­la­ge ei­nen we­sent­lich hö­he­ren Stel­len­wert als bei den an­de­ren An­le­ger­grup­pen. Für Fa­mi­ly Of­fices kommt es nicht nur auf das Vo­lu­men an – son­dern auch auf die Per­so­nen oder Fa­mi­li­en, die hin­ter dem Ver­mö­gen ste­hen. Die­se Fak­to­ren sind häu­fig ent­schei­dend da­für, wie pro­fes­sio­nell die Ak­teu­re vor­ge­hen.

Re­gu­la­to­risch gibt es der­zeit kei­ne ver­bind­li­chen ESG-Vor­ga­ben bei Sach­wert-Investments. Doch das könn­te sich schnell än­dern. Die Eu­ro­päi­sche Kom­mis­si­on ver­folgt Plä­ne, ver­schie­dene Fi­nanz­richt­li­ni­en wie MiFID und AIFM an­zu­pas­sen – wo­mög­lich noch in der zwei­ten Jah­res­hälf­te 2020. Hier­bei ste­hen vor al­lem Pri­vat­an­le­ger im Mit­tel­punkt, in­di­rekt je­doch auch in­sti­tu­tio­nel­le In­ves­to­ren. Ge­ne­rell scheint der Wunsch nach mehr Nach­hal­tig­keit der­zeit aber zu­al­ler­erst von ei­ner in­ter­nen Mo­ti­va­ti­on aus­zu­ge­hen. Im­mer mehr Anleger wol­len mit ihren In­ves­ti­tio­nen ei­nen po­si­ti­ven Bei­trag zum Um­welt- und Kli­ma­schutz leisten oder et­was für eine so­zia­le Ge­sell­schaft bei­tra­gen.

Wie wer­den sich nach Ihrer Er­war­tung die In­vest­ment­stra­te­gien in den kom­men­den zehn Jah­ren ver­än­dern und warum?

Dr. Aris Aris­ti­dou: Kei­ner kann die Zu­kunft vor­aus­se­hen. Das lehrt nicht zu­letzt die völ­lig un­er­war­te­te Co­ro­na-Kri­se. Da­für sind die Um­stän­de auf den Ka­pi­tal­märk­ten ein­fach zu un­ru­hig und un­ge­wiss. Aber: Das nied­ri­ge Zins­ni­veau wird erst ein­mal blei­ben, und des­we­gen wer­den sich auch die re­gu­la­to­ri­schen Rah­men­be­din­gun­gen ver­än­dern. Ich rech­ne da­mit, dass even­tu­ell das Ver­si­che­rungs­an­la­ge­ge­setz be­zie­hungs­wei­se die An­la­ge­ver­ord­nung an­ge­passt wer­den – mit­tel­fris­tig un­ter Um­stän­den auch die Quo­ten­re­ge­lun­gen. Da­durch wür­de der Zu­gang zu Real Assets er­leich­tert, was ihre Nach­fra­ge er­hö­hen dürf­te.

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